Vernissage: 25.10. um 18.00 Uhr
biss-magazin
BISS-Ausgabe September 2024 | Glück
Inhalt | Glück | Musik, Tiere, ein gemeinsames Projekt: Es gibt viele Dinge, die uns strahlen lassen. | 6 Hauskonzert: Live Music Now bringt Musik zu Menschen | 12 Chefin sein: Interview mit Bettina Wenzel von „guide München“ | 14 CHILLspORT Die Kammerspiele bringen Kunst nach Neuperlach | 20 Das Glück auf Erden: Tiergestützte Intervention | SCHREIBWERKSTATT | 5 Wie ich wohne | 26 BISS-Verkäufer und Verkäuferinnen erzählen, was sie bewegt | Rubriken | 3 Editorial | 25 Patenuhren | 28 Freunde und Gönner | 30 Impressum, Mein Projekt | 31 Adressen
Chill doch mal
Artikel in einfacher Sprache
Schüler*innen haben für sich
einen neuen Treffpunkt gestaltet
An der Mittelschule am Gerhart-Hauptmann-Ring in München-Neuperlach
gibt es einen neuen Treffpunkt für die Schüler*innen.
Die Schüler*innen haben den Treffpunkt selbst geplant und gebaut.
Dabei haben sie mit der Hochschule München und dem Theater „Münchner Kammerspiele“ zusammengearbeitet.
Der Treffpunkt heißt: Chill-Sport.
Chillen bedeutet: sich entspannen.
Denn die Schüler*innen wollen einen Platz für sich haben.
Wo sie sich entspannen, aber auch Sport machen können.
Wo sie sich einfach treffen, reden und gemeinsame Zeit verbringen können.
Ein halbes Jahr lang haben die Schüler*innen Ideen gesammelt. Gemeinsam mit Studierenden von der Hochschule München. Es gab verschiedene Workshops, um sich vorzubereiten.
Künstler von der Agentur Raumfragen Neuperlach haben die Workshops gemacht. Denn der Platz soll auch für Kunst-Aktionen benutzbar sein. Um dort Aufführungen und anderes zu veranstalten. Zum Schluss gab es vier verschiedene Ideen, wie der Treffpunkt aussehen soll.
Davon wurde eine Idee ausgewählt.
Der Vorplatz von der Schule war bisher langweilig und grau.
Es gab nur Beton und einen kaputten Brunnen.
Dort haben die Schüler*innen nun einen tollen Ort für sich geschaffen.
Dafür haben sie gemeinsam gesägt, gehämmert, geschraubt und gemalt.
Sie haben Sitze und eine Bühne aus Holz gebaut.
Mit hohen Rücken-Lehnen oder Wänden, damit man von den Lehrer*innen nicht beobachtet werden kann. In der Mitte soll auch noch ein kleiner Fußball-Platz sein.
Alle haben lange darüber geredet und nachgedacht, welches Holz und welche Farben sie verwenden sollen. Zum Beispiel muss es eine Farbe sein, die lange hält und gut aussieht.
Sie haben jetzt eine Farbe benutzt, die auch für Holz-Fenster verwendet wird.
Die Architektur-Studentin Hannah sagt:
Das Chillsport-Projekt ist so besonders, weil wir nicht nur planen, sondern auch selbst bauen. Das kommt sonst im Studium meist nicht vor. Da wird alles am Computer gemacht.
Andrea Benze ist Professorin für Städte-Bau an der Hochschule München.
Sie hat das Chillsport-Seminar an der Hochschule geleitet. Und sie hat auch vor Ort mitgeholfen und Löcher gebohrt. Sie sagt: Ich habe hier wie alle anderen mitgearbeitet. Denn es geht hier ja um die Zusammenarbeit.
Dem Studenten Leonidas hat besonders die Zusammenarbeit mit den Schüler*innen gefallen.
Leonidas sagt: Am Anfang waren manche Schüler*innen etwas schüchtern. Aber dann haben alle begeistert mitgemacht.
Die Klassen-Lehrerin Laura Schalay sagt: Das hat die ganze Klasse gestärkt. Und jeden einzelnen Schüler und jede Schülerin. Manche haben entdeckt, dass sie künstlerisches Talent haben. Das wussten sie vorher nicht.
Das Projekt Chillsport soll den Schüler*innnen zeigen: Wie wichtig es ist,
gemeinsam etwas zu machen. Und was man gemeinsam alles erreichen kann.
Die Theater-Pädagogin Elke Bauer von dem Theater „Münchner Kammerspiele“ sagt:
Kunst-Projekte können verschiedene Menschen zusammenbringen. Menschen, die sich sonst nie getroffen hätten.
Deshalb gibt es seit dem Jahr 2022 das Theater-Labor von den Kammerspielen in Neuperlach. Das Theater-Labor hat vor dem Chillsport-Projekt auch schon andere Projekte in Neuperlach gemacht. Zum Beispiel ein Fahrrad-Kino, das in ganz München unterwegs ist. Es entstand gemeinsam mit Realschüler*innen. Es gab auch eine Tanz-Aufführung mit 100 Schüler*innen im Einkaufs-Zentrum Perlach Plaza. Und es wurden Hör-Stücke von Schüler*innen geschrieben und eingesprochen. Darin berichten die Jugendlichen von ihren Erlebnissen und von Menschen und Orten in Neuperlach.
Ende Juni wurde der Chillsport-Treffpunkt eröffnet.
Es gab ein Fest mit Musik, Basketball-Turnier, Theater und anderen Aufführungen.
Die Schüler*innen nutzen gerne den neuen Treffpunkt.
Aber es gibt noch eine Frage:
Dürfen auch andere Leute den Platz nutzen und sich dort treffen?
Oder dürfen das nur die Schüler*innen?
Die Schul-Leitung ist dafür, dass auch andere Leute den Platz nutzen können.
Die Schüler*innen wollen den Platz lieber für sich.
Denn sie befürchten, dass andere Leute ihren schönen Platz kaputt machen könnten.
Das Chillsport-Projekt zeigt, wie Schüler*innen, Studierende und Künstler*innen zusammen arbeiten können. Und wie dabei aus einem grauen Schulhof ein lebendiger Treffpunkt wird.
Originaltext von Beatrice Oßberger
Zusammenfassung in Einfacher Sprache: Verena Reinhard, www.einfachverstehen.de
Wie ich wohne
Wer wohnt wie? In der Kolumne geben Menschen aus dem BISS-Netzwerk Einblicke in ihren Wohnalltag. Sie erzählen, wie sie früher gelebt haben, wie sie momentan wohnen und was sie sich für die Zukunft erhoffen.
Protokoll ANNELIESE WELTHER
Foto MARTIN FENGEL
Der Fromme
In allen Ecken meines Einzimmer-Appartements liegen Münzen, nicht viele, einfach ein bisschen Kleingeld. Dann geht es einem gut, denn Geld gesellt sich zu Geld. An der Tür meines Kühlschranks habe ich ein Hufeisen. Es ist grün, das ist meine Glücksfarbe. In meinem großen Zimmer bewahre ich eine Ikone auf, die ich in einem Gebirgskloster in Rumänien erworben habe. Sie ist von den Ordensfrauen handgemacht, aufklappbar, reich verziert und vergoldet. Innen sind zwei Bilder, eines zeigt Maria mit dem Jesuskind und das andere den erwachsenen Christus. Jeden Tag, bevor ich in die Arbeit gehe, sowie vor dem Schlafengehen bete ich dort und zwar für die ganze Welt. Wenn jemand eine Zeitschrift bei mir kauft, bekreuzige ich mich und spreche ein kleines Gebet für den Käufer oder die Käuferin. Damit möchte ich ihnen Respekt erweisen, genau so, wie sie es taten, als sie bei mir die BISS kauften. Sonntags, am einzigen Tag, an dem ich nicht arbeite, besprühe ich meine Wohnung mit Weihwasser und zünde in einem großen Löffel Weihrauch an, dessen Duft sich überall verbreitet. Ich gehe damit auch auf den Balkon, wo mich meine Nachbarn schon amüsiert betrachtet haben. Eine Frau hat mir einmal anerkennend ihren erhobenen Daumen aus der Ferne gezeigt. Sonst nutze ich den Balkon, um eine zu rauchen und als Vorratskammer, wo ich Äpfel, Tomaten, eingemachte Speisen und so weiter lagere. Die U-Bahn-Station ist fünf Minuten entfernt. Von dort benötige ich eine Viertelstunde zu meiner Verkaufsstelle am Marienplatz. Mein Appartement liegt in der Nähe des Olympiageländes. Wenn dort eine Veranstaltung am Wochenende ist, sind sehr viele Leute unterwegs. Zu mir nach Hause dringt zwar kein Lärm, aber die U-Bahn ist sehr überfüllt. Aber das ist das einzige Manko, sonst verdient alles an meiner Wohnung die Note eins. Möbel habe ich nur wenige: ein Bett, einen Tisch mit zwei Stühlen, eine Kommode, einen Einbauschrank und einen Fernseher. Doch ich finde, dass ich nicht mehr brauche. Ich stamme aus einem kleinen rumänischen Ort, in dem die Leute anständig und gutherzig waren, aber es hing ihnen der Geruch von alten Kleidern an, mit anderen Worten: Sie führten ein armes, sorgenvolles Leben. Das Haus meiner Eltern hatte vier Zimmer und einen schönen Garten mit Kirschbäumen, in die ich als Kind oft geklettert bin. Von dort oben sprach ich damals schon gerne mit Gott. Doch das Haus lag unweit des Meeres und wurde leider mittlerweile bei einer Flut hinweggespült. Meine Mutter war Griechin. Sie und mein Vater haben sich in Griechenland bei einer Aufführung kennengelernt. Beide waren angesehene Künstler, sie Sängerin und er Geiger. Dadurch, dass meine Mutter Griechin war, hatten wir das Privileg, auch zu Zeiten des Eisernen Vorhangs aus Rumänien ausreisen zu dürfen. Später lebte ich mit meiner Frau in Griechenland, das ich verließ, als sie vor einigen Jahren starb. Warum ich nach Deutschland gekommen bin, weiß ich gar nicht mehr. Wahrscheinlich hat Gott mich hierhergeführt.
Die gestohlene Uhr
EIN TEXT AUS DER SCHREIBWERKSTATT
von Thabit Gorgies Dinha
Folgende Geschichte ist mir zugetragen worden: Bei einer Hochzeitsfeier hat einer der Gäste seinen ehemaligen Grundschullehrer getroffen und ihn gleich umarmt. Der Lehrer erwiderte, dass er ihn nicht kenne. Woraufhin ihm der Schüler erzählte: „Wie, Sie erkennen mich nicht? Ich war vor 35 Jahren ihr Schüler. Damals passierte eine für mich schmerzhafte Geschichte. Wissen Sie noch, wie einem Mitschüler eine Uhr gestohlen worden war? Sie haben dann gesagt, alle sollen zur Wand gehen und sich umdrehen, damit Sie unsere Taschen durchsuchen können. Ich zitterte und hatte Angst, denn ich hatte die Uhr gestohlen. Ich wusste, dass ich als Dieb vor allen Schülern und Lehrern bloßgestellt werden würde. Mein Ruf wäre für alle Zeit ruiniert. Nachdem Sie aber die Uhr bei mir gefunden haben, haben Sie nicht aufgehört, sondern auch die übrigen Schüler durchsucht. Erst dann haben Sie die Uhr dem Bestohlenen zurückgegeben. Nie haben Sie mit mir geschimpft. Ich habe keinerlei Tadel erfahren. Meine ganze Schulzeit habe ich hin und her überlegt, ob ich meine Tat Ihnen oder dem Direktor beichten soll. Ich hab es nicht getan, aber ich habe mir geschworen, nie wieder in meinem Leben etwas zu stehlen.“ Nun erinnerte sich der Lehrer und erklärte seinem Schüler: „Erinnerst du dich auch, dass ihr eure Augen schließen musstet? Nicht nur ihr konntet nichts sehen, auch ich habe meine Augen geschlossen, damit ich nicht weiß, wer der Dieb ist.“ Der Schüler bedankte sich dafür, dass der Lehrer ihn nicht bloßgestellt hatte. Der Lehrer klopfte seinem Schüler auf die Schulter. Was ich aus der Geschichte gelernt habe, ist, dass man nicht voreilig ein Geheimnis lüften sollte.