BISS-Ausgabe Juli/August 2025 | Solidarisch anbauen

Cover des BISS-Magazins Juli-August 2025

Inhalt | Solidarisch | Wissen, woher das Essen kommt. Beim Kartoffelkombinat kann man den Pflanzen beim Wachsen helfen. | 6 Solidarisch, gesund, lecker: Gemeinsam Gemüse anbauen | 12 Tablettenabhängigkeit: Vom Heilmittel zum Suchtmittel | 16 Ein Platz zum Leben: Wohnen für psychisch kranke junge Erwachsene | 20 Haus ANNA: Kinderhospiz | 5 Wie ich wohne | 26BISS-Verkäufer*innen erzählen, was sie bewegt | Rubriken | 3 Editorial | 25 Patenuhren | 28 Freunde und Gönner | 30 Mein Projekt, Impressum | 31 Adressen

Tabletten-Sucht

Vom Heilmittel zum Suchtmittel

Tabletten können helfen. Aber nicht jeder weiß: Sie können auch abhängig machen, wenn man sie zu lange oder falsch einnimmt. Besonders gefährlich sind bestimmte Schmerz-Tabletten und einige Schlaf- und Beruhigungsmittel. Schon kleine Mengen können schnell abhängig machen.

Oliver Gast, Foto: Tanja Kernweiss

Etwa 2,9 Millionen Menschen in Deutschland sind betroffen: Sie nehmen Medikamente zu oft, zu lange oder falsch ein. Viele sind von den Medikamenten abhängig und merken das oft erst spät.

Zum Beispiel wurden im Jahr 2022 bestimmte Schlafmittel sehr oft verschrieben. Der Wirkstoff darin heißt Eszopiclon. Man sollte Eszopiclon nur kurze Zeit einnehmen. Es kann schnell abhängig machen.

Prof. Dr. Ulrich Zimmermann ist Psychiater und Chefarzt der Klinik für Suchtmedizin und Psychotherapie in Haar. Er sagt:

„Man muss wissen, dass Medikamente abhängig machen können. Davon wieder loszukommen, ist schwer. Sehr schwer.“

Man kann davon schnell körperlich und seelisch krank werden. Zuerst helfen die Medikamente.

Und man merkt oft gar nicht, dass man sie schon zu lange einnimmt. Oder auch zu viel davon.

Dann können Medikamente zu Drogen werden. Sogar Schmerzmittel wie Ibuprofen und Hustenmittel sind gefährlich.

Fachleute sagen schon seit einiger Zeit: Probleme mit Medikamenten müssen ernster genommen werden. Auch die Politik muss sich darum kümmern.

Im Jahr 2021 haben Fachleute neue Empfehlungen herausgegeben. Sie erklären, warum Medikamente gefährlich sein können und wie man besser damit umgehen kann. Die Tipps helfen Ärzt*innen und anderen Fachleuten. Und auch den Patient*innen. Viele Hausärzt*innen verschreiben Medikamente, die süchtig machen können. Sie verschreiben die Medikamente oft über eine lange Zeit. Deshalb sagen Fachleute: Es muss klare Regeln geben, wann solche Medikamente wirklich nötig sind. Außerdem soll die Menge regelmäßig überprüft werden. Wichtig ist auch: Ärzt*innen sollen die seelische und soziale Situation der Patient*innen beachten. Und die Medikamente rechtzeitig wieder absetzen.

Zum Beispiel nehmen auch viele ältere Menschen über viele Jahre bestimmte Schlafmittel.

Prof. Dr. Ulrich Zimmermann sagt: „Das kann 20 Jahre lang gut gehen. Aber dann wird man mit dem Alter vielleicht vergesslich und nimmt das Medikament zu oft ein. Dadurch wird einem zum Beispiel schwindelig und man stürzt.“

Im Auftrag des Gesundheitsministeriums wurde in den Jahren 2022 und 2023 eine Studie gemacht. Darin wurde geschaut, wie oft Jugendliche und junge Erwachsene Beruhigungs- oder Schmerzmittel nehmen. Die Studie zeigt: Viele junge Menschen, die solche Medikamente nehmen, probieren auch andere Drogen aus.Viele junge Menschen fühlen sich seit der Corona-Zeit seelisch schlechter. Auch andere Krisen auf der Welt machen ihnen Sorgen. Deshalb greifen manche öfter zu starken Beruhigungs- oder Schmerzmitteln.

Prof. Dr. Ulrich Zimmermann sagt:

„Angst-Störungen und Depressionen kann man gut behandeln. Mit Medikamenten und mit Therapie.

Aber die Patienten müssen auch mitmachen. Denn oft ist es so: Wenn sich die Patienten durch die Medikamente besser fühlen, dann wollen sie oft keine Therapie. Sie wollen sich nicht darum kümmern, warum es ihnen schlecht ging. Denn eine Therapie kann auch anstrengend sein und lange dauern. Außerdem ist es schwierig, einen Therapeuten zu finden.“

Auch Oliver Gast nimmt seit vielen Jahren starke Medikamente. Zuerst haben ihm die Medikamente geholfen, von seiner Alkohol-Sucht loszukommen. Doch dann wurden die Medikamente zum Problem. Oliver Gast ist 56 Jahre alt. Er hatte einen guten Job und Familie.

Vor 20 Jahren bekam er plötzlich Panik-Attacken. Ein Arzt stellte eine schwere Depression bei ihm fest. Oliver Gast bekam Medikamente und begann eine Therapie. Aber er nahm die Medikamente dann nicht, sondern trank Alkohol. Zuerst Bier, später stärkeren Alkohol. Dann musste er einen Alkoholentzug machen. Dafür bekam er ein starkes Medikament. Oliver Gast erzählt: „Mit dem Medikament fühle ich mich ein bisschen beschwingt. Es ist angenehm, fast wie ein leichter Schwips.“

So wurde er zwar den Alkohol los, wurde aber nach und nach abhängig von den Medikamenten.

Mit den Folgen kämpft er bis heute. Zum Beispiel fällt es ihm schwer, sich zu konzentrieren. Aber insgesamt geht es ihm besser. Er ist zuversichtlich und er hat wieder Pläne für sein Leben. Durch die Medikamente ist auch seine Depression nicht mehr so schlimm. Vielleicht beginnt er bald eine Psychotherapie. Aber es muss ihm körperlich erst einmal besser gehen. Er hat Brüche in seinen Füßen und braucht deshalb Krücken.

Oliver Gasts Geschichte zeigt:

Man kann sehr schnell von Medikamenten abhängig werden. Man muss sich dafür nicht schämen. Aber man sollte sich Hilfe holen!

Woran erkenne ich, ob ich von Medikamenten abhängig bin?

Zum Beispiel:

  • Ich nehme mehr Medikamente als geplant oder ich nehme sie länger als geplant.
  • Ich schaffe es nicht, weniger Medikamente zu nehmen.
  • Ich habe ein starkes Verlangen, das Medikament zu nehmen.
  • Ich denke oft an das Medikament oder verbringe viel Zeit damit, es zu bekommen.
  • Ich vernachlässige deswegen meine Arbeit, Hobbys, Familie oder Freunde.
  • Ich brauche immer mehr von dem Medikament, damit es wirkt.
  • Wenn ich das Medikament nicht nehme, fühle ich mich körperlich schlecht.

Zum Beispiel: Ich zittere oder ich schwitze.

Haben Sie das Gefühl, das trifft auf Sie zu?

Dann holen Sie sich so früh wie möglich Hilfe.

► Sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin.

► Oder lassen Sie sich in einer Suchtberatungsstelle beraten.

► Erste Hilfe im Internet findet man bei der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V.:

Bitte anklicken: https://www.medikamente-und-sucht.de

Dort gibt es auch eine Liste von Beratungsstellenin Ihrer Nähe: Bitte anklicken: https://www.dhs.de/service/suchthilfeverzeichnis

Original-Text von Vera von Wolffersdorff

Zusammenfassung der wichtigsten Infos in Einfacher Sprache von Verena Reinhard, www.einfachverstehen.de

BISS-Ausgabe Juni 2025 | Demokratie

Cover des BISS-Magazins Juni 2025

Inhalt | Demokratie | Demokratie ist davon abhängig, dass sich möglichst viele Menschen dafür stark machen. Jetzt ist der Zeitpunkt dafür. | 6 Sportfreunde Stiller: Interview macht mobil | 12 Glücksspielsucht: Wie kann man Jugendliche besser schützen? | 16 Papst Franziskus: Ein Leben für Arme, Obdachlose und Geflüchtete | 22 Migrant*innen im Alter: Wer kümmert sich um die Seniorenmigranten | 5 Wie ich wohne | 26 BISS-Verkäufer*innen erzählen, was sie bewegt | Rubriken | 3 Editorial | 28 Patenuhren | 29 Freunde und Gönner | 30 Mein Projekt, Impressum | 31 Adressen

Alt werden mit Migrationsgeschichte

Alte Menschen mit Migrationsgeschichte: Einwanderer, Geflüchtete oder die früheren „Gastarbeiter“ – Wie geht es ihnen, wenn sie alt werden und nicht mehr arbeiten können?

Die Gesellschaft wird immer älter. Alte Menschen brauchen besondere Pflege. Aber die vielen alten Menschen mit Migrationsgeschichte werden dabei oft vergessen. Dabei sind es in den letzten Jahrzehnten immer mehr geworden. Viele frühere „Gastarbeiter“ sind in Rente gegangen, viele auch vorzeitig, weil sie häufig eine körperlich harte Arbeit hatten. Die Freien Wohlfahrtsverbände hatten das schon vor 20 Jahren bemerkt und im Jahr 2002 einen Text veröffentlicht: „Memorandum für eine kultursensible Altenhilfe“. Darin steht: Alte Menschen mit Migrationsgeschichte sollen genauso gut versorgt werden wie alle anderen. Denn in einer Gesellschaft mit vielen Kulturen soll die Hilfe im Alter für alle da sein. Dazu braucht man aber auch Pflegekräfte und andere Mitarbeitende, die die verschiedenen Sprachen und Kulturen kennen. Das war damals aber schwer umzusetzen, da es fast keine Altenpfleger und Pflegerinnen mit Migrationsgeschichte aus Ländern wie Italien, Griechenland oder der Türkei gab.
Auch die Stadt München hat eine Studie in Auftrag gegeben, die im Jahr 2008 veröffentlicht wurde. Die Studie heißt: „Ein bisschen dort, ein bisschen hier“, denn Menschen mit Migrationsgeschichte fühlen sich oft ein bisschen hier in Deutschland zuhause und ein bisschen dort in ihrer alten Heimat zuhause. Viele sagen: „Ich bin zu deutsch geworden.“ Man hat sich ein Leben in Deutschland aufgebaut – und fühlt sich trotzdem nirgendwo richtig zugehörig. Auch nicht mehr in der alten Heimat.
Die Studie ist auch heute noch aktuell und gibt Empfehlungen für die interkulturelle Öffnung in der Altenhilfe.

Das heißt, dass die Angebote besser zu Menschen mit anderen Sprachen, Religionen und Lebensweisen passen müssen. Zum Beispiel braucht es bessere Informationen in verschiedenen Sprachen und eine Zusammenarbeit mit migrantischen Gemeinden wie Kulturvereinen oder Religionsgemeinden. Und es muss mehr Mitarbeitende mit Migrationsgeschichte geben.

Denn viele Menschen erreicht man nicht, weil sie die deutsche Sprache nicht gut verstehen, weil sie sich mit Ämtern und Behörden nicht auskennen oder weil sie arm oder krank sind. Viele haben auch Angst vor dem Altersheim, dorthin „abgeschoben“ zu werden. Oder sie schämen sich, weil sie denken, sie sind gescheitert. Weil ihnen die geplante Rückkehr in ihr Heimatland nicht gelungen ist.
Aber Menschen mit Migrationsgeschichte haben mit ihrer Arbeit genauso zum gesellschaftlichen Reichtum in Deutschland beigetragen. Deshalb haben sie auch genauso Anspruch auf Altenhilfe.

Im Jahr 2022 haben Vertreter der Freien Wohlfahrtspflege gemeinsam mit dem Münchner Migrationsbeirat Empfehlungen für eine gute Altenhilfe noch einmal aufgeschrieben. Dabei zeigte sich: Die meisten Empfehlungen von vor 20 Jahren sind noch immer aktuell.

Aber es wurde auch aufgeschrieben, was sich schon verbessert hat: Zum Beispiel gibt es die Fachstelle Interkulturelle Altenhilfe im Sozialreferat.

Es gibt interkulturelle Altenarbeit auch bei Münchenstift, bei der Diakonie und bei anderen Einrichtungen. In den letzten 10 Jahren sind es mehr Angebote für alte Menschen mit Migrationsgeschichte geworden. Es gibt ein vielfältigeres Speisen-Angebot und Angebote für die vielen verschiedenen Religionen. Und inzwischen bekommen auch mehr als doppelt so viele Migranten und Migrantinnen eine vollstationäre Pflege.
Es geht ja nicht nur um Unterstützung und Pflege, sondern auch um Teilhabe, Bildung, Kultur und Geselligkeit. Das heißt, es geht auch darum, dass man dazugehört und mit dabei ist.
Das Sozialreferat schult die Mitarbeitenden und unterstützt Projekte wie „Brücken bauen“ von der Diakonie oder „SAVE“, wo alte Menschen regelmäßig besucht werden.

Seit 2018 gibt es auch Dolmetscher-Dienste für bestimmte Beratungen. Das ist noch nicht so bekannt (mehr Informationen am Ende vom Text). Anke Kayser vom Sozialreferat sagt: „Ich wünsche mir, dass die Menschen das Angebot noch viel stärker nutzen!“

Bei der Arbeiterwohlfahrt gibt es den psychologischen Dienst für Menschen mit Migrationsgeschichte. Die Beratungen dort sind in der jeweiligen Muttersprache. Anica Novakovic ist dort die Leiterin. Sie sagt:

„Viele alte Migranten und Migrantinnen sind einsam. Sie haben nicht so viele Kontakte wie früher in der Heimat.“

Und viele möchten ihren Kindern und Verwandten hier in Deutschland nicht zur Last fallen. Anfang der 2000er Jahre waren die früheren „Gastarbeiter“ noch die größte Gruppe unter den Migrant*innen, bald werden es die Geflüchteten sein. Sie sind teilweise jünger, aber viele sind krank und brauchen therapeutische Hilfe, weil sie die Kriege in ihren Heimatländern und schlimme Fluchterfahrungen erlebt haben.

Hier gibt es kostenlose Hilfe für ältere Menschen mit Migrationsgeschichte:

► Diakonie (Kontakt: bitte hier anklicken)

„Brücken bauen“: Informationen über Pflege und das Leben im Alter

Fachdienst für ältere Migrant*innen: Beratung und Unterstützung

„Seminar für mehrsprachige Helferinnen und Helfer“: Schulung und Vermittlung von
Ehrenamtlichen an ältere Menschen mit Migrationsgeschichte► Beratungsstelle der Israelitischen Kultusgemeinde (Kontakt und Infos: bitte hier anklicken)

Beratung für ältere Gemeindemitglieder und Angehörige

► Arbeiterwohlfahrt (AWO) (Kontakt und Infos: bitte hier anklicken)

Psychologischer Dienst für ältere Migrant*innen: Beratung und Unterstützung


► Donna Mobile AKA e.V. (Kontakt und Infos: bitte hier anklicken)

Angebote für ältere Menschen mit Migrationsgeschichte

Schulungen für ehrenamtliche Helfer*innen


► Morgen e.V. (Kontakt und Infos: bitte hier anklicken)

Angebote für ältere Menschen mit Migrationsgeschichte

Schulungen für ehrenamtliche Helferinnen

► „SAVE“: Seniorinnen Aufsuchen im Viertel durch Expert*innen
(Kontakt und Infos: bitte hier anklicken)

Ein Besuchsdienst besucht regelmäßig ältere Menschen


► Dolmetscher-Dienste (Übersetzungen in viele Sprachen)
(Kontakt und Infos: bitte hier anklicken)

zum Beispiel für Behördengänge, Begutachtungen und vieles mehr.
Diese werden vom Sozialreferat mit Geld unterstützt.

Original-Text von Bernhard Hiergeist
Zusammenfassung der wichtigsten Infos in Einfacher Sprache von Verena Reinhard,
www.einfachverstehen.de

BISS-Ausgabe Mai 2025 | Ausdruck

Cover des BISS-Magazins Mai 2025

Inhalt | Ausdruck | Sich ausdrücken zu können, Gedanken, Emotionen und Meinungen mitzuteilen, gehört zu den Grundbedürfnissen aller. Beim „Tanztheater ab 60“ drücken diese Frauen aus, was sie bewegt. | 6 Demenz: Der lange Abschied von Roswitha | 12 Graue Wölfe: Türkische Rechtsextreme in München | 16 Mehr Energie! Tanztheater ab 60 | 22 Unterstützung in Not: Stiftungsmittel für Privatpersonen | SCHREIBWERKSTATT | 5 Wie ich wohne | 26 BISS-Verkäufer*innen erzählen, was sie bewegt | RUBRIKEN | 3 Editorial | 28 Patenuhren | 29 Freunde und Gönner | 30 Mein Projekt, Impressum | 31 Adressen