Finanzierung

BISS finanziert seinen Geschäftsbereich (Herstellung der Zeitschrift, Geschäftsführung und Verwaltung, Betriebskosten) durch die Erlöse aus dem Verkauf der Zeitschrift und der Anzeigen.
Um den Vereinszweck erfüllen und seinen Verkäufern sowie anderen armen Menschen Hilfe anbieten und seinen angestellten Verkäufern angemessene Gehälter zahlen zu können, braucht BISS jedoch Spender und Sponsoren. Deswegen möchten wir allen, die unsere Zeitschrift lesen und unser Projekt unterstützen, Rechenschaft geben und dabei die Entwicklung von BISS dokumentieren.

Zusammenfassung Gewinn- und -Verlust-Rechnung BISS e.V. 2022
Ertrag EUR  Aufwand EUR
1) Betriebliche Erträge (Straßenverkauf, Anzeigen, Abos, Einnahmen angestellter Verkäufer, Stadtführungen, Zinserträge…) 1.132.922,21  1) Herstellungs- und Materialaufwand für 11 Ausgaben inklusive Honoraren 254.320,82
2) Sonstige Erträge
(Spenden, Patenschaften, Fördermitgliedsbeiträge, Geldbußen, Vermächtnisse…)
2.031.623,52 2) Sonstige betriebliche Aufwendungen
(Miete, Büromaterial, EDV, AfA…)
176.508,90
3) Eingliederungszuschuss Arbeitsagentur/ Lohnfortzahlung Krankenkassen 1.003,22 3) Aufwendungen für Betroffene (Wohnraumausstattung, Einzelfallhilfe aller Art, Unterstützung von sozialen Projekten …) 675.016,03
4) Personalaufwand für 71 Angestellte
(davon 60 angestellte BISS-Verkäufer)
sowie Aushilfskräfte
 * 1.685.196,94
5) Jubiläums- und Tagungskosten 30 Jahre BISS 1.450,00
Zwischensumme Aufwand 2.792.492,69
Jahresergebnis / Einstellung in Rücklagen 373.056,26
Gesamtsumme 3.165.548,95 Gesamtsumme 3.165.548,95
Der ausführliche Jahresabschluss wurde von einem Wirtschaftsprüfer erstellt.
*2022 setzen sich die Gehälter von 1.685.196,94 Euro (4.) zusammen aus 546.997,85 Euro für den Innendienst und 1.138.199,09 Euro für die Verkäufer. Für Betroffene und soziale Projekte, die sich um Obdach- und Arbeitslose kümmern, wurden insgesamt 1.813.215,12 Euro (1.138.199,09 + 675.016,03 Euro (3.)) ausgegeben.

Rückblick mit Ausblick

Wie jedes Jahr möchten wir allen, die unsere Zeitschrift lesen und unser Projekt unterstützen, Rechenschaft geben und die Entwicklung von BISS zusammenfassend darstellen.

Rückblick: 

Auch wenn die Coronakrise im Alltag fast wie ein längst überstandener Albtraum erscheint, so hat sie doch tiefe Spuren in unserer Gesellschaft hinterlassen. BISS hat diese Jahre vergleichsweise stabil überstanden, trotzdem lag der Straßenverkauf des Magazins im Jahr 2022 noch immer unter dem Niveau von 2019. Allerdings ist unsere Lage sehr viel besser als die anderer Straßenzeitungen, von denen einige ihr Erscheinen einstellen bzw. reduzieren mussten. Das liegt an der Festanstellung unserer Verkäuferinnen und Verkäufer, die auch während der Pandemie ein berechenbares Einkommen hatten, bis hin zur Auszahlung eines Kurzarbeitergelds im Jahr 2020. Nach zehn Jahren hatte BISS mit der Januarausgabe 2022 den Verkaufspreis der Zeitschrift von 2,20 Euro auf 2,80 Euro angehoben. Für die rund 100 Verkäuferinnen und Verkäufer bedeutet das eine unmittelbare Einnahme von 1,40 Euro je verkauftem Exemplar. Die Gehälter der rund 50 Angestellten wurden entsprechend deutlich erhöht. Ein Umstand, der für viel Freude bei den Verkäufern sorgte. Es kommt gar nicht so selten vor, dass wir Arbeitsverträge mit Menschen schließen, die akut obdachlos sind, also in einer Notunterkunft, bei Bekannten oder im Freien übernachten müssen. Im Arbeitsvertrag steht dann statt einer Adresse „ofW“, also „ohne festen Wohnsitz“. Unsere Sozialarbeit setzt alles daran, diese Personen in anständige Wohnverhältnisse zu bringen. Das kann eine betreute Einrichtung sein, ein Bett in einem Zwei- statt in einem Mehrbettzimmer oder im Idealfall eine eigene kleine Wohnung. So wie bei Herrn M., einem neuen Verkäufer, der sich zuverlässig an einem festen Standort in der Innenstadt platziert hatte. Er litt an Schlafstörungen und konnte in der Unterkunft nachts nicht zur Ruhe kommen. Wahrscheinlich hätte er noch in der Probezeit das Handtuch geworfen, wenn sich nicht durch eine langjährige BISS-Leserin eine tolle Chance ergeben hätte: eine freie Einzimmerwohnung mit Kochecke und Balkon. Unser Verkäufer war mit der Miete einverstanden und kann sie aufgrund seines regelmäßigen Einkommens auch leisten. Auf Wunsch der Vermieterin ist BISS Hauptmieter und hat die Wohnung mit ihrer Genehmigung an Herrn M. untervermietet. So kam es, dass Herr M. glücklich und zufrieden in Schwabing-West wohnt. Nicht nur in seinem Fall war der feste Arbeitsvertrag der erste große Schritt hin zu einem besseren Leben.
Leider gab es im Jahr 2022 auch traurige Nachrichten. Es sind drei langjährige BISS-Verkäufer verstorben: Peter Schratz, Anton „Toni“ Gürtler, der früher regelmäßig an der U-Bahn-Station Giselastraße stand, und Edelfried Fili, der „zweite“ Mann im Zwischengeschoss am Münchner Marienplatz. Den Verstorbenen und ihren Familien konnte BISS aufgrund der übertragenen Totenfürsorge und bestehenden Sterbegeldversicherung einen letzten Dienst erweisen. Peter Schratz und Toni Gürtler haben auf ihren Wunsch hin im BISS-Grab am Ostfriedhof eine würdevolle letzte Ruhestätte gefunden. Wie schade, dass sie unser 30-jähriges Jubiläum in diesem Jahr nicht mitfeiern können, denn alle drei waren durchaus gesellig und Herr Fili hätte mit Sicherheit zur Feier des Abends einen seiner berühmten Witze erzählt.

Ausblick:

Im Jahr 2023 feiert BISS sein 30-jähriges Bestehen. Für uns ist das mit großer Freude und tiefer Dankbarkeit verbunden. Aus diesem Anlass haben wir zwei spannende Projekte initiiert: Den BISS-Foto-Award, der ein Wettbewerb zum Thema „Zu viel? Zu wenig? Leben in Armut und Obdachlosigkeit“ ist. Und wir werden am 21. Oktober im Münchner Volkstheater bei einer Benefiz-Auktion 30 Werke bekannter Fotografinnen und Fotografen versteigern. Mit dem Erlös dieser Aktion soll der Grundstein für den Ankauf einer kleinen Wohnung gelegt werden, in die dann wieder ein BISS-Verkäufer einziehen kann. Überhaupt wird uns das Thema bezahlbarer Wohnraum für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen auch in Zukunft schwer beschäftigen. Ich bin immer wieder schockiert davon, in was für schlechten Verhältnissen sozial benachteiligte Menschen leben müssen. Ich denke an das scheinbar gutbürgerliche Reihenhaus mit gepflegtem Garten, in dem jedes Zimmer, inklusive der vergitterten Kellerräume, zu Höchstpreisen vermietet ist. Oder an das kakerlakenverseuchte Haus in der Münchner Innenstadt, in dem der Eigentümer bei nur einer Vierzimmerwohnung von ca. 80 Quadratmetern einen Profit von hochgerechnet 4000 Euro im Monat einstreicht. Die Profiteure dieser Verhältnisse bleiben unbehelligt, denn die armen Menschen, an die sie zu Wucherpreisen vermieten, klagen nicht, denn wohin könnten sie auch gehen?
BISS kann nicht alle retten. Aber wir können enorm viel dafür tun, dass sich das Leben armer und obdachloser Menschen verbessert: Zeitungsverkäuferinnen und -verkäufer erzielen ein Einkommen, wir bieten Festanstellungen mit Arbeitsvertrag, Hilfe bei der Suche nach bezahlbarem Wohnraum, Unterstützung beim Einzug und bei der Ausstattung einer Wohnung (Möbel, Kücheneinbau, Lampen, Vorhänge), Schuldnerberatung und Entschuldung sowie vielfältige Einzelfallhilfen wie Zuzahlungen zu Medikamenten und Zahnersatz. Im Namen aller BISSler danke ich allen, die unsere Arbeit befördern und unterstützen: den Spendern und Spenderinnen, unseren Paten, Leserinnen und Lesern, der Abtei St. Bonifaz mit Abt Johannes, Frater Emmanuel und dem bewährten Pfortenteam, den Ehrenamtlichen und unseren Freundinnen und Freunden. Das Handeln eines jeden Einzelnen ist wichtig und bewirkt eine Verbesserung, davon wird uns nichts abbringen.

KARIN LOHR

Die BISS-Maximen

1. Die Prioritäts-Maxime

Der Verkäufer kommt immer zuerst. Die Zeitschrift ist Mittel zum Zweck. Das heißt beispielsweise, die Herstellung der Zeitschrift muss kostengünstig gehalten werden, sie muss aus den Betriebseinnahmen finanziert werden, es dürfen keine Spendengelder in die Herstellung fließen. Dass jeder erwirtschaftete Überschuss wieder den Verkäufern zugute kommen muss, ist ohnehin selbstverständlich und gemeinnützigen Vereinen oder Gesellschaften per Gesetz vorgeschrieben. Verkäufer, die Sozialhilfe oder Grundsicherung beziehen, dürfen nur eine gewisse Anzahl an Zeitungen verkaufen, damit sie nicht in Grauzonen geführt werden, auch wenn diese Regelung der Auflage schadet.

2. Die Fifty-fifty-Maxime

Den Verkäufern soll von allen Erlösen mindestens die Hälfte zukommen. Mindestens 50 Prozent des Verkaufspreises eines Exemplars muss an den Verkäufer gehen. Darüber hinaus müssen die finanziellen Zuwendungen an die Betroffenen in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufwendungen für das Fachpersonal und die Herstellungskosten der Zeitschrift stehen. Das heißt, für die Verkäufer sollte auch so viel ausgegeben werden wie für das Fachpersonal, mindestens jedoch 50 Prozent davon. Abhängig vom Konzept einer Straßenzeitung, können diese 50 Prozent sowohl für die Gehälter der Verkäufer als auch für Einzelfallhilfen aller Art (Entschuldung, gesundheitliche Sanierung, Verbesserung der Wohnverhältnisse) ausgegeben werden.

3. Die Transparenz-Maxime

Einmal im Jahr müssen die Einnahmen und Ausgaben in der eigenen Zeitschrift veröffentlicht werden, so dass die Spender wissen, wie gewirtschaftet und wofür das Geld ausgegeben wurde. Durch die Anstellung der Verkäufer hat BISS schon in den ersten fünf Jahren den öffentlichen Kassen ein Plus von knapp 1 Million Euro beschert. Es wurden 560.000 Euro eingespart an Sozial- und Arbeitslosenhilfe und 420.000 Euro eingezahlt in die Kassen der Sozialversicherung und des Finanzamts. Die Anstellung der Verkäufer hat sich also für alle gelohnt: für die öffentliche Hand, für die Verkäufer selbst und für BISS. Wir konnten unsere Auflage stabil halten und unseren Verkäufern die Spendenfreudigkeit unserer Freunde und Gönner erhalten. Denn wer investiert nicht gern in Arbeitsplätze und in eine nachhaltige Verbesserung der Lebenslagen armer Menschen?