BISS-Ausgabe Mai 2025 | Ausdruck

Cover des BISS-Magazins Mai 2025

Inhalt | Ausdruck | Sich ausdrücken zu können, Gedanken, Emotionen und Meinungen mitzuteilen, gehört zu den Grundbedürfnissen aller. Beim „Tanztheater ab 60“ drücken diese Frauen aus, was sie bewegt. | 6 Demenz: Der lange Abschied von Roswitha | 12 Graue Wölfe: Türkische Rechtsextreme in München | 16 Mehr Energie! Tanztheater ab 60 | 22 Unterstützung in Not: Stiftungsmittel für Privatpersonen | SCHREIBWERKSTATT | 5 Wie ich wohne | 26 BISS-Verkäufer*innen erzählen, was sie bewegt | RUBRIKEN | 3 Editorial | 28 Patenuhren | 29 Freunde und Gönner | 30 Mein Projekt, Impressum | 31 Adressen

Stiftungsmittel für Privatpersonen in Not

Die kaum bekannte Hilfe der Stadt München

Geld-Unterstützung für Bürgerinnen in Not – die wenig bekannte Hilfe von der Stadt München München verwaltet das Geld von 180 Stiftungen in München.

Das Geld kann Menschen im Notfall helfen. Zum Beispiel um die kaputte Waschmaschine reparieren zu lassen. Stiftungen sind Organisationen, die Geld oder Besitz sammeln und verwalten. Manche Menschen vererben ihr Geld oder ihren Besitz an eine Stiftung. Stiftungen arbeiten meist nur mit dem Geld, das sie durch Zinsen oder Mieteinnahmen bekommen. Mit diesem Geld unterstützen sie dann andere Menschen oder Projekte. Zum Beispiel gibt es Unterstützung für Bildung, Kunst, ärmere Menschen oder den Umweltschutz.

Stefanie Mühlbauer arbeitet bei der städtischen Stiftungsverwaltung. Zusammen mit ihren Kolleginnen vergibt sie Geld an Menschen in Not. Das können Empfänger*innen von Sozialhilfe sein.

Aber auch Gering- und Normalverdienende, bei denen das Geld gerade nicht reicht. Stefanie Mühlbauer sagt: „Man kann auch Hilfe bekommen, wenn man alleinerziehend ist und 4.000 Euro brutto verdient. Das wissen viele nicht. Aber für solche Personen sind diese Hilfen. Wir freuen uns, wenn die Leute zu uns finden.“ Bestimmte Einkommensgrenzen dürfen sie nicht überschreiten. Zum Beispiel darf man bei einem 1-Person-Haushalt nicht mehr als 2.955 Euro brutto verdienen, bei einem 2-Personen-Haushalt nicht mehr als 4.248 Euro brutto. Wenn man Kinder hat, dann darf man auch mehr verdienen.
Wichtig ist: Man muss seit mindestens einem Jahr in München wohnen. Und es muss sich um eine akute Notlage handeln. Dazu gehört zum Beispiel: Man hat kein Geld für die Waschmaschine, für Bett oder Couch – alles, was für das Leben wichtig ist. Oder man hat kein Geld für den Sportverein oder Nachhilfe-Unterricht der Kinder oder die Klassenfahrt. Zum Beispiel können die Stiftungen auch Geld geben für ein Auto, das behindertengerecht umgebaut wird.
Oder Geld für Medikamente, die von den Krankenkassen nicht oder nur teilweise bezahlt werden. Gerade alte Menschen müssen oft viel Geld zuzahlen, wenn sie viele Medikamente brauchen. Stefanie Mühlbauer sagt: „Man darf selbst noch keine neue Sache kaufen. Zuerst muss man den Antrag stellen.“ Die Stiftungen geben aber zum Beispiel kein Geld für Spielkonsolen, Smartphones oder Autos.


Woher weiß ich, ob ich Geld bekommen kann?


Stefanie Mühlbauer gibt den Tipp, bei Geld-Problemen immer zuerst in ein Sozialbürgerhaus zu gehen. Die Mitarbeitenden kennen die Sozialgesetze und wissen, welche Geld-Hilfen es gibt. Denn es gibt viele verschiedene Geld-Hilfen von der Stadt München. Die Stiftungen helfen nur, wenn es dafür keine gesetzlichen Leistungen gibt.
Es sind viele alte Menschen, die Anträge stellen. Und viele Familien mit Kindern. Etwa 10.000 Menschen haben letztes Jahr Geld von der städtischen Stiftungsverwaltung bekommen. Insgesamt wurden etwa 3,3 Millionen Euro an Einzelpersonen gezahlt. Auch soziale Einrichtungen und Projekte können sich um Geld-Hilfen bewerben. Letztes Jahr wurden etwa 2,8 Millionen Euro an soziale Projekte gezahlt. Stefanie Mühlbauer von der städtischen Stiftungsverwaltung erklärt: „Es ist etwas Besonderes in München, dass eine Stadt so viele Stiftungen verwaltet.“

Die Stadt München bezahlt die Mitarbeitenden, die sich um alles kümmern und das Geld vergeben.


Mehr Infos über die Städtischen Stiftungen: https://www.muenchen.de/volltextsuche?
query=Antrag%20auf%20Stiftungsmittel


Die Sozialbürgerhäuser finden Sie hier:
https://stadt.muenchen.de/rathaus/verwaltung/sozialreferat/sozialbuergerhaus.html


Original-Text von Florian Kraus
Zusammenfassung der wichtigsten Infos in Einfacher Sprache von Verena Reinhard,
www.einfachverstehen.de

Wie ich wohne

Wer wohnt wie? In der Kolumne geben Menschen aus dem BISS-Netzwerk Einblicke in ihren Wohnalltag. Sie erzählen, wie sie früher gelebt haben, wie sie momentan wohnen und was sie sich für die Zukunft erhoffen.

Protokoll ANNELIESE WELTHER

Foto MARTIN FENGEL

Der einsame Wolf

Mein Schlafplatz ist an einer Straße der Maxvorstadt. Hier gibt es viele kleine Geschäfte, Restaurants und Cafés, in denen ich mir oft einen wärmenden Kaffee to go hole. Gleich um die Ecke ist ein Supermarkt und es gibt ein öffentliches Bad in der Nähe. Meine Wäsche wasche ich in Waschsalons. Dafür muss ich ein paar Euro löhnen, aber das macht mir nichts aus, ich verdiene ja Geld. Früher habe ich auch an anderen Orten übernachtet wie dem Marienplatz. Dort war es mir zu laut und die Leute haben sich betrunken. Hier bin ich allein und über mir an der Hauswand ist ein Vorsprung, bei Regen bleibt alles trocken. In meinem Schlafsack habe ich es wohlig warm. Bis vor Kurzem legte ich ihn auf den Boden auf aufblasbare Isomatten. Mittlerweile schlafe ich auf einer Arztliege – das Geschenk eines Restaurantbesitzers aus der Nachbarschaft, der sie wiederum von einem Masseur hat. Einiges von meinem Hab und Gut waren Geschenke, etwa die zwei Fahrräder, die neben der Liege an der Ziegelwand lehnen. Manchmal fragen mich Leute, wie es mir geht oder ob sie mir einen Kaffee bringen können. Die meisten Vorbeigehenden sind nett, aber wie es im Leben so ist, gibt es auch böse Menschen. Eine ältere Frau hat mal einen Malerroller nach mir geworfen. Es haben mich auch Leute beschimpft und sogar im Schlaf getreten. Einiges ist mir auch gestohlen worden: Besonders schmerzhaft war der Verlust eines Fahrrads, das ich mir von meinem Ersparten gegönnt hatte. Aber auch ein Zelt und ein Stromgenerator, durch den ich etwas Licht und Wärme hatte, sind weggekommen. Mittlerweile habe ich mir eine Holzkiste gebaut, in der ich meine Kleider aufbewahre. Das daran befestigte Schloss wurde auch schon aufgebrochen. Die Kiste selbst ist den Langfingern bislang wohl zu klobig und zu schwer gewesen. Ich wuchs in Rumänien in einer Pflegefamilie auf und besaß dort zwei Zimmer für mich allein, mit Fernseher, Kassettenrekorder und vielen Büchern. An Jules Verne und eine Reihe Liebesromane kann ich mich erinnern und daran, dass ich „Wolfsblut“ von Jack London gelesen habe. Alles war perfekt, bis mein Pflegevater nach dem Tod meiner Pflegemutter erneut heiratete. Mit der neuen Frau verschlechterten sich die Beziehungen. Ich blieb weiter im Haus wohnen, als dann auch mein Pflegevater starb, wurde ich rausgeworfen. Seitdem lebe ich auf der Straße. In Rumänien ist das schlimmer als in Deutschland. Regelmäßig kommen Schlägertrupps vorbei und verprügeln einen. Geld verdiente ich auf Baustellen oder im Straßenbau, aber es gab immer wenig Arbeit und eine Wohnung fand ich nicht. Also beschloss ich, gen Westen zu ziehen und dort zu bleiben, wo es mir gefällt. So landete ich in München. Mit der Hilfe von BISS lebte ich anderthalb Jahre in einer WG. Leider kam ich mit meinem Mitbewohner sowie einer Nachbarin nicht aus und entschied mich dafür, Streit und Ärger aus dem Weg zu gehen und auszuziehen. Nun habe ich es aber langsam satt, auf der Straße zu leben. Vielleicht kriege ich ja wieder die Chance, irgendwo einzuziehen, am liebsten wäre mir eine Einzimmerwohnung, die muss auch nicht groß sein, einfach ein kleines Zimmer, das würde mir reichen.

Es ist nicht alles, wie es scheint

EIN TEXT AUS DER SCHREIBWERKSTATT

von Istvan Mathe

Ich möchte Ihnen eine Geschichte erzählen, nach der Sie vielleicht anders durch die Stadt gehen: Als ich vor ungefähr zehn Jahren aus Rumänien nach Deutschland gekommen bin, habe ich zuerst für eine Zeitarbeitsfirma gearbeitet. Das war nicht einfach. Denn sie hat mein ganzes Leben bestimmt. Sie sagten mir, wann ich freihabe. Sie sagten, wann ich zu arbeiten habe. Ich habe alles mögliche gemacht, meistens sieben Tage die Woche: fünf Tage in einer Bäckerei, dann auf einer Baustelle. Immer so weiter. Krank sein ging nicht, dann hast du die Arbeit verloren. Zwei bis drei Euro habe ich pro Tag für Essen ausgegeben, den Rest habe ich nach Hause zu meiner Frau und meinen beiden Töchtern geschickt. Geschlafen habe ich in einem Schlafsack draußen. Zum Beispiel in Kircheneingängen. Egal, ob es geregnet oder geschneit hat. Zwei Jahre ging das ungefähr so. Oft haben mich Leute angeschrien oder nachts mit Lampen geblendet: Geh arbeiten! Aber das ist genau das, was ich gemacht habe. Ich habe gearbeitet. Ich hatte aber keine Wohnung. So geht es vielen, die Sie auf der Straße sehen. Dann bin ich in eine Pension gezogen und meine Frau und meine beiden Töchter sind gekommen. Wir mussten jede Woche die Pension wechseln. Am Ende hatten wir drei, zwischen denen wir gependelt sind. Meine Töchter waren im Kindergarten, zu dem haben wir sie jeden Tag gebracht, egal wo wir gerade untergebracht waren. Für meine Töchter war diese Zeit nicht leicht. Dann habe ich von der BISS erfahren. Am Anfang dachte ich, das ist nichts für mich. Weil ich zu wenig Deutsch kann und auch weil ich bisher immer schwer körperlich gearbeitet habe. Herr Denninger hat dann zu mir gesagt, dass er uns eine Wohnung vermitteln kann. Ein Lottogewinn, ohne dass ich Lotto gespielt hatte! Ich habe dann das Verkaufen der BISS versucht, und es hat geklappt. Ich wohne jetzt mit meinen beiden Töchtern, sie sind 13 und 15. Meine Frau ist nicht mehr bei uns. Wir haben eine Wohnung. Ich habe Arbeit. Sie gibt mir nicht nur Geld, sondern ich lerne auch besser Deutsch. Vor allem aber bekomme ich durch diese Arbeit Respekt. Respekt von meiner Kundschaft.

BISS-Betriebsrente –
Investition in die Zukunft

Geschäftsführerin Karin Lohr, Foto: Volker Derlath

Neulich kam mir auf einer Runde durch Haidhausen ein ehemaliger BISS-Verkäufer entgegen. Wir waren schon fast aneinander vorbei, da fiel mir sein Name wieder ein. „Hallo Herr Z.“, grüßte ich ihn freudig überrascht, denn er war ein paar Jahre zuvor von heute auf morgen wie vom Erdboden verschwunden gewesen. Damals hat das niemand verstanden, denn Herr Z. war fest angestellt, verkaufte stabil und hatte treue Stammkunden, die noch lange nach seinem Verschwinden nach ihm fragten. Jetzt kamen wir leicht wieder ins Gespräch und es stellte sich heraus, dass Herr Z. zu der Zeit eine ernste Diagnose bekommen hatte, was ihn aus der Bahn warf. Mittlerweile ist gesundheitlich alles wieder in Ordnung, und als ich ihm vorschlug, doch wieder die BISS zu verkaufen, kam er bereitwillig mit ins BISS-Büro, um mit unserer Sozialarbeiterin zu sprechen. Einmal angenommen, Herr Z. hätte sich, wie bereits viele unserer angestellten Verkäuferinnen und Verkäufer, für die BISS-Betriebsrente entschieden. Dann hätte auch er einen Teil seines Bruttogehalts per Entgeltumwandlung in die Versicherung einbezahlt. Der Vertrag läuft mindestens bis zum Beginn der Altersrente, kann aber freiwillig weitergeführt werden. Der Clou daran ist, dass BISS als Arbeitgeber den Einzahlungsbetrag des Arbeitnehmers bis maximal 130 Euro verdoppelt, also bis zu 260 Euro monatlich einbezahlt werden. Wer die Rente dann erhält, kann sich entscheiden, ob sie oder er das Geld als monatliche Rente oder als Einmalzahlung will, wobei bei der Einmalzahlung eventuell Steuer und Sozialversicherungsbeiträge fällig werden. Sicher ist, dass eine Betriebsrente die niedrigen Renten der Verkäuferinnen und Verkäufer spürbar aufbessern wird, ob als Einmal- oder als monatliche Zahlung. Das Betriebsrentenstärkungsgesetz hat die Freibeträge für Geringverdiener, die im Alter auf Transferleistungen angewiesen sind, spürbar erhöht. Das hat sich im Laufe der Jahre erfreulicherweise herumgesprochen. So war bei der letzten Infoveranstaltung im Betrieb das Interesse groß und es wurde viel und lebhaft diskutiert. Was ist so bemerkenswert daran? Ich finde, es ist die Hoffnung auf die Zukunft, zu deren Gelingen jeder Einzelne etwas beiträgt. Eine klassische Investition, bei der kurzfristig verzichtet wird, um längerfristig einen Vorteil zu haben. Das ist möglich, weil im Laufe der vielen Jahre bei BISS ein großes Vertrauen entstanden ist, sowohl bei den Verkäuferinnen und Verkäufern, als auch bei denjenigen, die BISS mit Patenschaften und Spenden unterstützen. Vielleicht ist in der nächsten Runde auch Herr Z. dabei?


Herzlichst

Karin Lohr, Geschäftsführung