Was bekommen Geflüchtete wirklich bei uns?

Von LISA WEISS

Illustration KATHARINA NOEMI METSCHL

Ob am Stammtisch oder in sozialen Medien – immer wieder kursieren Gerüchte, dass Asylbewerber, Ukrainerinnen oder Geduldete mehr Geld und mehr Leistungen bekommen als Deutsche. Was stimmt wirklich? Wir klären hier einige wichtige Fragen.

WAS IST DER UNTERSCHIED ZWISCHEN MIGRANTEN, FLÜCHTLINGEN UND GEDULDETEN?
Migrantinnen und Migranten sind einfach Menschen, die von einem Land in ein anderes ziehen – egal, aus welchen Gründen.
Asylbewerberinnen und -bewerber haben einen Asylantrag in Deutschland gestellt, sagen also, sie seien schutzbedürftig. Sie dürfen mindestens so lange in Deutschland bleiben, bis über ihren Asylantrag entschieden wurde.
Zu den Flüchtlingen gehören mehrere Gruppen: Zum einen Personen, die Asyl nach dem Grundgesetz bekommen, weil sie zum Beispiel wegen ihrer politischen Überzeugung oder ihrer Religion von ihrem Heimatstaat verfolgt werden. Zum anderen Menschen, die auf Basis der Genfer Flüchtlingskonvention geschützt werden – auch sie müssen belegen, dass sie verfolgt werden, es kann aber auch zum Beispiel eine Bürgerkriegspartei sein, die sie persönlich bedroht. Und dann gibt es noch den sogenannten subsidiären Schutz – den bekommen vor allem Menschen aus Kriegsgebieten. Alle drei Gruppen dürfen in Deutschland bleiben, Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz haben es aber schwerer, ihre Familie nachzuholen.
Geduldete sind dagegen Menschen, deren Asylantrag abgelehnt wurde, die also nicht hierbleiben dürfen, aber momentan nicht abgeschoben werden, zum Beispiel, weil sie krank sind oder weil sie keinen Pass haben.
Ein Sonderfall sind Geflüchtete aus der Ukraine. Sie müssen nicht das normale Asylverfahren durchlaufen, sondern bekommen deutlich unkomplizierter und schneller eine Aufenthaltserlaubnis für Deutschland.

WIE VIEL GELD BEKOMMEN ASYLBEWERBER?
Alleinstehende Asylbewerberinnen und -bewerber haben Anspruch auf 460 Euro pro Monat. Menschen, die in einer Partnerschaft leben, bekommen weniger – der Gesetzgeber geht davon aus, dass sie zusammen kochen und wirtschaften können und daher weniger Geld brauchen. Kinder bekommen je nach Alter zwischen 312 und 408 Euro. Davon müssen sie Essen, Getränke, Kleidung oder Schuhe ebenso kaufen wie Shampoo, Bustickets, Handygebühren. Eine Unterkunft bekommt diese Gruppe meist gestellt. Aber manche Asylbewerber bekommen diese 460 Euro nicht komplett ausbezahlt. Beispielsweise erhalten Menschen in sogenannten Anker-Zentren, also in großen Unterkünften, in denen neu angekommene Asylbewerberinnen und -bewerber untergebracht sind, Essen, Getränke, Kleidung oder Schuhe nur als Sachleistung. Das heißt: Statt Geld für Lebensmittel oder Schuhe bekommen sie Essen aus der Kantine und Kleider aus der Kleiderkammer. Deswegen gibt es weniger Geld für sie, im Allgemeinen zwischen 132 und 204 Euro. Grundsätzlich könnten Asylbewerber und Asylbewerberinnen aber auch gar kein Geld bekommen, wenn alle persönlichen Bedürfnisse durch Wertgutscheine oder Sachleistungen gedeckt sind. In diese Richtung geht auch das Vorhaben, eine Bezahlkarte einzuführen. In der Regel gilt: Anspruch auf das Geld beziehungsweise die Leistungen haben die Menschen ab dem Tag, an dem sie ihren Asylantrag stellen.

WAS IST DIE BEZAHLKARTE?
Asylbewerberinnen und -bewerber und Geduldete sollen statt Bargeld eine Chipkarte bekommen, so die Pläne der aktuellen Regierung. Auf dieser Chipkarte soll ein Guthaben gespeichert werden können, das die Menschen dann zum Einkaufen nutzen können, aber, jedenfalls in Bayern, nach jetzigem Stand nur in ihrer unmittelbaren Umgebung. Dadurch soll verhindert werden, dass die Menschen das Bargeld in ihre Heimatländer schicken. Ob das überhaupt in großem Stil passiert, ist unklar – viele Experten sagen, dafür gebe es keine verlässlichen Belege. Der Versuch, eine Art Bezahlkarte einzuführen, ist nicht neu: Im Landkreis Erding beispielsweise gab es eine solche Karte bereits von 2016 bis 2020. Sie wurde wieder abgeschafft, weil der zuständige Dienstleister Wirecard insolvent wurde. Die Erfahrungen damit waren gemischt. Der Landkreis war mit der Lösung zufrieden, Unterstützerkreise beklagten damals, dass die Menschen nur in Geschäften bezahlen konnten, in denen Kartenzahlung angeboten wurde – eine Breze beim Bäcker oder im Pausenverkauf in der Schule zu kaufen, war beispielsweise schwierig.

BEKOMMEN ASYLBEWERBER MEHR GELD ALS BÜRGERGELD-EMPFÄNGER?
Nein, im Gegenteil, Asylbewerber haben deutlich weniger Geld als Bürgergeldempfänger in Deutschland zur Verfügung. Die Höhe des Bürgergelds beträgt für Alleinstehende derzeit 563 Euro im Monat, Kinder bekommen je nach Alter zwischen 357 und 471 Euro. Dazu kommen Miete und Heizung, wenn beides angemessen ist. Allerdings: Dauern Asylverfahren länger als 18 Monate, bekommen die Menschen ähnlich viel Geld wie Bürgergeldempfänger. In Zukunft sollen die Leistungen nur dann angeglichen werden, wenn das Asylverfahren mehr als 36 Monate dauert. Dies betrifft aber vergleichsweise wenige Menschen.

WIE VIEL BEKOMMEN GEFLÜCHTETE AUS DER UKRAINE?
Ukrainische Geflüchtete können Bürgergeld oder Sozialhilfe bekommen – genau wie Deutsche. Noch einmal das Beispiel: Alleinstehende, die nicht oder noch nicht arbeiten und Bürgergeld beziehen, erhalten 563 Euro im Monat. Kinder je nach Alter zwischen 357 und 471 Euro. Die Kosten für Miete und Heizung werden übernommen, wenn die Höhe angemessen ist. Geflüchtete aus der Ukraine, die in Gemeinschaftsunterkünften wohnen, erhalten weniger Geld, wenn sie in der Unterkunft beispielsweise Essen bekommen.

WAS BEKOMMEN GEDULDETE?
Geduldete, also Menschen, deren Asylantrag abgelehnt wurde, die aber nicht ausreisen können, bekommen erst einmal die gleichen Leistungen wie Asylbewerberinnen und -bewerber. Bei fehlender Kooperation, also wenn sie zum Beispiel ihren Pass nicht vorlegen, um nicht abgeschoben zu werden, können diese Leistungen aber gekürzt werden. Wenn Menschen länger als 18 Monate geduldet sind, haben sie Anspruch auf ähnliche Leistungen wie Bürgergeldempfängerinnen und -empfänger. In Zukunft sollen sich die Leistungen erst nach 36 Monaten erhöhen.

WIE SIEHT ES MIT DER KRANKENVERSICHERUNG AUS?
Asylbewerberinnen und -bewerber sind erst einmal nicht gesetzlich krankenversichert – und schon gar nicht privat. Sie haben in den ersten 36 Monaten nur Anspruch auf eine eingeschränkte Gesundheitsversorgung. Das heißt, sie werden bei akuten Erkrankungen, Schmerzen oder Schwangerschaft untersucht und behandelt, bekommen Impfungen oder dürfen zu den normalen Vorsorgeuntersuchungen. Teurer Zahnersatz beispielsweise ist im Regelfall nicht drin. Sie können in Bayern auch nicht so einfach zum Arzt gehen, sondern müssen zuvor grundsätzlich einen Behandlungsschein bei der Sozialhilfeverwaltung beantragen – außer in Notfällen. In mehreren anderen
Bundesländern ist das anders geregelt, dort gibt es keine Behandlungsscheine, sondern die Menschen bekommen ganz normale Krankenkassenkarten. Nach 36 Monaten fallen all diese Einschränkungen weg, die Menschen bekommen eine Krankenkassenkarte und können dann einfach zum Arzt gehen. Menschen, die aus der Ukraine geflüchtet sind, sind von Anfang an ganz normal krankenversichert.

WER DARF WANN ARBEITEN?
Geflüchtete aus der Ukraine dürfen praktisch sofort arbeiten. Anerkannte Flüchtlinge dürfen ebenfalls arbeiten. Menschen, die noch im normalen Asylverfahren sind, dürfen spätestens nach sechs Monaten arbeiten. Seit kurzem soll die Ausländerbehörde auch Geduldeten im Regelfall erlauben, zu arbeiten. Das gilt nicht, wenn diese Menschen unmittelbar vor der Abschiebung stehen. Bei Geduldeten ist es etwas komplizierter. Gerade Bayern steht auf dem Standpunkt: Diese Menschen sollen möglichst bald ausreisen, nicht arbeiten. Grundsätzlich liegt die Arbeitserlaubnis im Ermessen der zuständigen Ausländerbehörde. Nach Plänen der Regierung sollen Geduldete in Zukunft im Regelfall arbeiten dürfen. Allerdings: Wer zum Beispiel seinen Pass einfach nicht vorlegt, um nicht abgeschoben zu werden, hat keine Chance, eine Beschäftigungserlaubnis zu bekommen. Das soll auch so bleiben.

WER HAT IN MÜNCHEN ANRECHT AUF EINE SOZIALWOHNUNG?
Ganz grundsätzlich können sich Menschen, die ihren Hauptwohnsitz/gewöhnlichen Aufenthalt in München haben und wenig verdienen, auf eine Sozialwohnung bewerben. Das zuständige Amt für Wohnen und Migration berechnet für jeden Einzelfall, ob das Einkommen der Person oder der Familie gering genug ist. Ein Richtwert: Eine Einzelperson kommt normalerweise infrage für eine Sozialwohnung, wenn sie unter 41.600 Euro brutto im Jahr verdient, eine dreiköpfige Familie darf etwa bis zu 78.200 Euro brutto verdienen. Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft, die wenig verdienen, haben nicht in allen Fällen Anrecht auf eine Sozialwohnung. Es kommt auf den Aufenthaltstitel an: Anerkannte Flüchtlinge können sich beispielsweise auf eine Sozialwohnung bewerben, Geduldete oder ausländische Studierende dagegen nicht. Anrecht auf eine Sozialwohnung zu haben, bedeutet aber nicht, dass man zeitnah eine solche Wohnung bekommt. Momentan warten rund 24.000 Menschen bzw. Familien auf eine Wohnung, jährlich werden aber nur rund 3.000 Wohnungen frei, schreibt die Stadt München auf ihrer Website.

WAS PASSIERT, WENN ANERKANNTE FLÜCHTLINGE KEINE WOHNUNG FINDEN?
Im Normalfall können sie erst einmal in der Unterkunft bleiben, in der sie bis zu diesem Zeitpunkt untergebracht worden sind. Diese sogenannten Fehlbelegerinnen und Fehlbeleger müssen allerdings eine Benutzungsgebühr für ihre Unterkunft bezahlen. Erwachsene, die in einem Fünf- oder Sechsbettzimmer wohnen, bezahlen beispielsweise aktuell 71 Euro im Monat, eine ganze Wohneinheit kostet 161 Euro im Monat. Kinder und Jugendliche zahlen weniger. Ende 2023 lebten in den Gemeinschaftsunterkünften der Regierung von Oberbayern gut 2100 Fehlbelegerinnen und Fehlbeleger. Nicht eingerechnet sind dabei die Menschen, die dezentral untergebracht worden sind, also in kleineren Unterkünften oder Wohnungen leben. Wichtig zu wissen: Anerkannte Flüchtlinge können sich ebenso wie Asylbewerber oder Geduldete nicht einfach so aussuchen, an welchem Ort sie wohnen wollen – es gibt strenge Auflagen.