Auf einer Reise mit der Bahn kann man viel erleben. Bei unserer Exkursion nach Fürth (siehe Seite 29 im Heft) haben wir die Bahn sowohl von ihrer besten als auch von einer ihrer schlimmsten Seiten erlebt. Auf der Hinfahrt lief alles wie am Schnürchen: Abfahrt in München pünktlich, umsteigen wie geplant in Nürnberg nach Fürth und von dort ein paar Stationen mit dem Bus an unser Ziel. Nachmittags ging’s zurück, zunächst war alles unauffällig. Letzter Halt vor München war Dachau, da dachte man schon, jetzt kann uns nichts mehr passieren. Bis der Zug abrupt zum Stehen kam. Es folgte eine knappe Durchsage: Weichenstörung. Auf den Gleisen links und rechts fuhren munter ICEs, andere Züge und S-Bahnen an uns vorbei, anscheinend war nur „unsere“ Weiche davon betroffen. Nach zwei Stunden im vollen Zug bei hochsommerlichen Temperaturen ging’s erst ein bisschen zurück und dann die letzten paar Kilometer bis München. Wenn das ein unvorhergesehenes Ereignis gewesen wäre, kann man es nur ertragen. In unserem Fall aber haben wir kurz nach Abfahrt des Zuges in Nürnberg eine leise Durchsage gehört, die vermutlich nicht für die Reisenden bestimmt war: „Dieser Zug kommt aufgrund einer Weichenstörung voraussichtlich statt um 16.55 erst gegen 19 Uhr in München an.“ Alle Reisenden hätten also locker noch in Dachau und damit vor der maroden Weiche umsteigen können und wären so nicht geschlagene vier Stunden von Nürnberg nach München unterwegs gewesen.
Es gibt Dinge im Leben, die kann man nicht ändern. Die großen Schwierigkeiten der Bahn gehören nicht dazu, denn die Ursachen sind bekannt: Es gibt zu wenig Züge, zu wenig Gleise und zu wenig Personal. Dabei fahren immer mehr Menschen mit der Bahn, allein im ersten Halbjahr 2024 waren es 919,2 Millionen Reisende. Die steigenden Fahrgastzahlen werden dem beliebten Deutschlandticket zugeschrieben, eigentlich ein Riesenerfolg. Viele verstehen nicht, warum ein Unternehmen, das zu 100 Prozent im Eigentum des Bundes ist, Gewinn machen soll. Die Bahn gehört doch zur wichtigsten Infrastruktur eines Landes, wertvoll und unverzichtbar. Autobahnen und Parkplätze erwirtschaften ebenfalls keinen Überschuss, und doch hat die Politik in den vergangenen Jahrzehnten vorzugsweise in sie investiert. Ich wünsche mir in der Politik endlich einmal eine leidenschaftliche Verkehrsministerin, Bahnfahrerin, die Bescheid weiß und das Beste für die Schiene rausholen will. Oder einen Finanzminister, der nachts nicht schlafen kann, weil er überlegt, woher er das so dringend benötigte Geld nehmen soll, etwa durch konsequentes Verhindern von Steuerbetrügereien oder durch Wiedereinführung einer Vermögenssteuer für große Vermögen. Abenteuerliche Vorstellung, aber warum eigentlich?
Herzlichst
Karin Lohr, Geschäftsführerin