Wer wohnt wie? In der Kolumne geben BISS-Verkäuferinnen und -Verkäufer Einblicke in ihren Wohnalltag. Sie erzählen, wie sie früher gelebt haben, wie sie momentan wohnen und was sie sich für die Zukunft erhoffen.
Die Raucherin
Protokoll FELICITAS WILKE; Foto: Martin Fengel

„Mein Lieblingsplatz in meiner Wohnung ist mein Balkon. Hier mit Freunden und Bekannten zu sitzen, gemeinsam einen Kaffee zu trinken oder eine Zigarette zu rauchen, das ist für mich wie Meditation. Seit zwei Jahren lebe ich in Pasing in einem Mehrfamilienhaus der Wohnungsbaugesellschaft GEWOFAG. Ich habe einen Flur, ein Bad, ein Wohnzimmer mit angrenzender Küche, eine Schlafnische – und natürlich den großen Balkon. Für 42 Quadratmeter zahle ich 380 Euro. In den vergangenen 65 Jahren habe ich schon einiges erlebt. Ursprünglich komme ich aus der kleinen Stadt Kraśnik im Osten von Polen. Dort habe ich gemeinsam mit meinen Eltern und meinem Bruder in einem Haus gewohnt. Als ich 20 war, zog ich nach Lublin, die nächstgelegene Großstadt, in meine erste eigene Wohnung. Ich heiratete einen Griechen, von dem ich meinen Nachnamen habe, zog mit ihm nach Deutschland und führte mit ihm bis zur Jahrtausendwende mehrere Gaststätten in Hof, Bayreuth und Kulmbach. Als unsere Ehe zerbrach, ging ich allein nach München. Dort kam ich zunächst bei Landsleuten unter und hatte verschiedene Jobs. Unter anderem arbeitete ich in einem Altenheim und in einer Kantine. Doch nach einem schweren Autounfall konnte ich plötzlich keiner schweren körperlichen Arbeit mehr nachgehen. So fand ich vor ungefähr 16 Jahren zur BISS, die ich seitdem verkaufe – und zwar am Max-Joseph-Platz. Ein paarmal habe ich auch innerhalb von München den Wohnort gewechselt: Bevor ich in meine jetzige Wohnung gezogen bin, habe ich in der Nähe der Friedenheimer Straße gewohnt. Da war die Küche direkt im Zimmer. So wie meine Wohnung jetzt aufgeteilt ist, ist es mir lieber. Im Haus wohnen teilweise Familien, zum Teil auch Alleinerziehende. Ich habe mit niemandem Probleme, wir reden allerdings auch nicht viel. Da ist man in Deutschland schon zurückhaltender als in meiner Heimat. Aber so mache ich es mir einfach in meiner Wohnung gemütlich. Auf meinen Regalen und in meinen Vitrinen im Wohnzimmer stehen viele kleine Dinge herum, die mich an liebe Menschen erinnern. Zum Beispiel der Plüschhund, den ich von einer Bekannten bekommen habe, die leider schon gestorben ist. Oder die kleine Wunderlampe, die mir mal mein guter Freund Herr Niklaus mitgebracht hat, der auch BISS-Verkäufer ist. Ich habe zwei Kinder und vier Enkel. Auch an sie erinnert mich in meiner Wohnung einiges. Zum Beispiel das Gemälde von Papst Johannes Paul II., das in meiner Schlafnische hängt: Das hat mir mein Sohn damals zum Einzug in meine vorherige Wohnung in Laim geschenkt. Und auf noch etwas bin ich stolz: auf die Urkunde, die ich bekommen habe, als ich mein zehnjähriges Jubiläum als BISS-Verkäuferin hatte. Ich denke, ich werde noch eine Weile weitermachen – und nach Feierabend rauche ich eine Zigarette auf meinem Balkon.“