Schicksalstag 16. April

EIN TEXT AUS DER SCHREIBWERKSTATT

von Pietro Dorigo

Bis letztes Jahr hatte der 16. April in meinem Leben eine traurige Bedeutung. An diesem Tag ist vor vielen, vielen Jahren mein Opa Amadeo mit 69 Jahren gestorben. Am 16. April 1990 ist leider auch mein Vater gestorben, ebenfalls mit 69 Jahren. Seit dem Tod meines Vaters habe ich mich immer wieder gefragt, manchmal im vollen Ernst, manchmal weniger ernsthaft: „Wann bin ich dran?“ Ich habe gleich kalkuliert, dass es am 16.4.2023 passieren müsste, wenn ich selbst 69 Jahre alt wäre. Bis Ende der 90er-Jahre hat mich dieses Datum immer mal beschäftigt, aber dann habe ich nicht mehr so oft daran gedacht. Ab 2020 kam mir der Gedanke wieder öfter. Seit März 2023 habe ich fast jeden Tag daran gedacht und mich gefragt: „Bin ich jetzt dran oder noch nicht?“ Am 15. April letzten Jahres war ich ganz normal zu Hause und es war mir vollends bewusst, dass morgen der besagte Tag sein würde. Der 15. war ein Samstag und Gott sei Dank musste ich am Tag danach keine BISS verkaufen. Ich bin die ganze Nacht wach geblieben, einzige Gesellschaft war meine Freundin Carmensita, eine italienische Kaffeemaschine. Sie hat mich die ganze Nacht wachgehalten. Gegen halb sechs am Sonntagmorgen wurden die Gedanken immer ernster, weil mein Opa gegen halb sieben gestorben war und mein Vater kurz nach sieben. Immerzu habe ich auf die Uhr geschaut und Kaffee getrunken. Als es halb acht wurde, habe ich unbeabsichtigt einen lauten Befreiungsschrei losgelassen, den, glaube ich, beide Nachbarn gehört haben. Ich weiß nicht, was sie dachten, aber ein paar Tage später habe ich einen von ihnen getroffen, der zu mir sagte: „Hast du laut geträumt?“ Ich antwortete ihm nur „Gott sei Dank!“, ohne ihm eine weitere Erklärung zu geben. Einige Zeit später habe ich mich an eine andere Begebenheit erinnert: Vor langer Zeit, ich war noch sehr jung, vielleicht 15 oder 16, hatte mir ein Magier aus meiner Gegend, der ebenfalls den Namen Pietro trug, ein langes Leben vorausgesagt. Über 90 Jahre alt sollte ich werden. Heute denke ich, vielleicht hat er recht gehabt.