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Haus in Hohenschäftlarn: Ein neues Zuhause für eine große Familie und eine
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Als wir von BISS vor gut drei Jahren erfuhren, dass ein Hohenschäftlarner dem Verein BISS sein Haus vererbt hatte, war die Freude groß. Keiner von uns hatte den Erblasser Josef Fencl gekannt. Er wollte offenbar Menschen, die nicht so viel Glück gehabt hatten, ein Dach über dem Kopf geben. Fencl selbst war mit 14 Jahren aus Kottiken (heute Tschechien) vertrieben worden und wusste vermutlich, was es heißt, keine Wohnung zu haben. Später baute der gelernte Maurer das Haus in Hohenschäftlarn für sich, seine Frau und seine behinderte Tochter. Frau und Tochter starben vor ihm, sodass er keine unmittelbaren Nachkommen hatte, als er am 26. Dezember 2016 mit 85 Jahren starb. Als die Formalitäten geregelt waren, baute BISS zunächst den Keller und das Souterrain aus. So entstanden eine gut geschnittene Zweizimmerwohnung und ein zusätzliches „Notzimmer“. Jetzt konnten zwei, zu der Zeit obdachlose BISS-Verkäufer einziehen. Gleichzeitig wurde das Haus komplett umgebaut und energetisch optimiert, um noch mehr Menschen Platz zu bieten. Mitte August bezog die neunköpfige Familie Kadri aus Nigeria das Erdgeschoss und das obere Stockwerk. Seitdem hat Hohenschäftlarn mitten am Kirchberg elf neue Bewohner*innen.
von Gabriele Winter
KARIN LOHR, GESCHÄFTSFÜHRERIN VON BISS „Wir waren sehr glücklich, dass Herr Fencl so an uns gedacht hat und uns sein Haus vermacht hat. Denn das ist ja eines unserer Hauptanliegen, bezahlbaren Wohnraum zu finden und ihn sozial benachteiligten Menschen zur Verfügung zu stellen. Es geht dabei um konkrete Solidarität für Leute, die sonst keine Chance haben, auf dem freien Markt etwas zu finden, wie zum Beispiel unsere beiden ehemals obdachlosen BISS-Verkäufer Udo Güldner und Mihai Tajcs. Und auch die Kadris wohnten ja sehr beengt mit ihren sieben Kindern jahrelang in einer Flüchtlingsunterkunft in Höhenkirchen, obwohl sie bereits anerkannt waren und längst hätten ausziehen können. Seit August leben sie nun in Hohenschäftlarn und alle sagen, es läuft super. Zum Gelingen des Projekts haben aber auch eine ganze Menge Leute beigetragen, angefangen beim Architekten über die Bewohner bis hin zu den Handwerkern und nicht zuletzt Herrn Rubic, der dreimal die Woche nach Hohenschäftlarn fährt, sich um den Garten kümmert und nach dem Rechten sieht. Auch die Nachbarn haben die elf neuen Bewohner am Kirchberg herzlich aufgenommen. Man grüßt sich auf der Straße und hält ein Schwätzchen über den Gartenzaun. Ich denke, wenn Herr Fencl runterschauen würde, würde er sich freuen, weil es so geworden ist, wie er sich das vermutlich vorgestellt hat.“
Familie Kadri wohnt seit August in Hohenschäftlarn
DIE NACHBARN Hohenschäftlarn ist eine kleine Gemeinde mit 5.800 Einwohnern, in der man sich kennt. Das Ehepaar Arnold oberhalb des Fencl-Hauses freut sich, „dass sich wieder was rührt“, seit die neuen Bewohner da sind. Auch wenn es insgesamt „ruhiger zugeht als beim Fencl“, meint Regina Schmid, die mit ihrem Mann den Bauernhof auf der anderen Straßenseite führt. „Die Kinder sind sehr gut erzogen und man hört wenig, ganz anders als beim Fencl Sepp, der bei Ernst Mosch und seinen Original Egerländer Musikanten die volle Lautstärke aufdrehte. Eigentlich machen die elf neuen Bewohner weniger Lärm als vorher einer allein!“, lacht Frau Schmid und erzählt, wie die älteste Tochter der Familie Kadri kürzlich klingelte, um nach den Zeiten der Müllabfuhr zu fragen. Als hinter Frau Schmid die Katze zum Vorschein kam, machte das Mädchen erschrocken einen Satz zurück. „Ans Landleben müssen sich die Kinder wahrscheinlich noch gewöhnen“, meint Regina Schmid. Erste Kontakte zu den Schmids wurden auch von Herrn Rubic geknüpft. Er kauft dort regelmäßig Milch und Eier. Mit Josef Arnold und dessen Kollegen vom Heimathaus ist Savinko Rubic schon sehr vertraut. In dem kleinen Heimatmuseum hat man die Ausgaben des BISS-Magazins, die mit dem Fencl-Haus in Verbindung stehen, bereits im Archiv. Das Heimathaus aus dem Jahr 1492 liegt nur drei Minuten vom FenclHaus entfernt und wird von einer sechsköpfigen Arbeitsgruppe um Josef Arnold und Gerd Zattler betreut. Hierher kommen oft Schulklassen aus der Umgebung und schauen sich das bäuerliche Leben der vergangenen Jahrhunderte an.
Ich bin vor 13 Jahren von Bulgarien nach München gekommen. Eine Freundin von mir lebte schon eine Weile hier, und als sie zu Besuch bei uns war, sagte sie zu mir: „Sevdzhan, komm auch nach Deutschland, es gibt dort Arbeit für dich.“ Also habe ich mich nach München aufgemacht und meine Familie ist mitgekommen. Seitdem leben wir hier: mein Bruder, meine Schwägerin, meine Nichten und ich. Mein erster Job war als Zimmermädchen in einem Hotel, auch die anderen aus meiner Familie durften dort arbeiten. Am Anfang hat es mir gut gefallen, ich war jung und stark und konnte gut anpacken. Ich habe sehr viel geputzt, manchmal waren es 40 Zimmer an einem Tag. Wochenenden und Urlaub hatten wir kaum – und wenn doch, habe ich mich nicht so gut gefühlt, weil dann andere Leute noch mehr arbeiten mussten. Zehn Jahre habe ich in diesem Hotel gearbeitet. Das Putzen wurde immer anstrengender, meine Schultern und mein Kreuz haben ständig wehgetan. Außerdem habe ich von einem der Putzmittel Asthma bekommen und etwas mit meinem Blut hat nicht gestimmt. Das kannte ich alles gar nicht von mir, weil ich bis dahin immer ein total gesunder Mensch gewesen war. Zwei Jahre lang war ich immer wieder bei Ärzten. Einer von ihnen hat mir gesagt, dass ich sofort mit dieser Arbeit aufhören sollte. Irgendwann musste ich wegen meiner Blutprobleme operiert werden. Nichts Lebensbedrohliches, aber auch nichts Schönes. Mein Chef wollte, dass ich danach möglichst bald wieder das Arbeiten anfange, aber ich habe ihm gesagt, dass ich das nicht kann. Daraufhin hat er uns alle rausgeworfen. Zwei Jahre lang habe ich Geld vom Jobcenter bekommen, aber es hat nicht gereicht, und ich kann ja auch nicht den ganzen Tag nur rumsitzen. In Bulgarien war ich Schneiderin, aber hier habe ich nichts finden können. Vor einem Jahr habe ich als BISS-Verkäuferin angefangen. Seitdem ich das mache, geht es mir viel besser und ich fühle mich wieder gesund. Die Arbeit ist viel angenehmer als im Hotel, mittlerweile habe ich sogar einige Stammkunden. Mein Bereich ist der Ostbahnhof. Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, im Stehen zu verkaufen. Dann habe ich mehr Ausstrahlung und es kommen viel mehr Menschen auf mich zu. Also, bloß nicht zu lange hinsetzen!
Die Petra-Kelly-Stiftung erkundet im Rahmen ihres Videoprojekts „Schieflagen“, was in unserer Gesellschaft schief läuft: Was wird als ungerecht empfunden und vor allem wieso?
Das aktuelle Youtube-Video zum Thema Obdachlosigkeit in München unter Mitwirkung von BISS und Uwe Hinsche wurde gerade veröffentlicht:
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