BISS ist ein Zeitungsprojekt, das Bürgern in sozialen Schwierigkeiten hilft, sich selbst zu helfen.
Die Zeitschrift
Das BISS-Magazin ist die älteste und mit einer verkauften monatlichen Auflage von 38.000 Exemplaren eine der erfolgreichsten Straßenzeitungen Deutschlands. Vom Verkaufspreis, derzeit 2,80 Euro, behält der Verkäufer 1,40 Euro. Die Zeitschrift versteht sich auch als Lobby für gesellschaftlich benachteiligte Gruppen. Sie möchte ein Bewusstsein schaffen für die Belange obdachloser und armer Menschen. Eine schlanke, professionelle Redaktion stellt das Magazin her, das von armen, obdachlosen und ehemals obdachlosen Menschen auf der Straße verkauft wird. Die Zeitschrift ist Mittel zum Zweck. Das heißt, ihr Budget wird klein gehalten, denn Geld soll hauptsächlich den Verkäufern zu Gute kommen.
Die Verkäufer
Über 100 Verkäuferinnen und Verkäufer bringen die BISS an die Leser. BISS-Verkäufer kann nur werden, wer bedürftig im Sinne des Sozialgesetzbuches (SGB) ist. Die Bedürftigkeit wird von BISS geprüft. Dem Verkäufer erschließen sich durch den Verkauf mehrere Möglichkeiten. Er kann sich ein Zubrot zu seiner Sozialhilfe oder zur Grundsicherung verdienen (in diesem Fall ist sein Verkaufskontingent beschränkt). Er kann auch nur von seiner Arbeit bei BISS leben. Ist er in der Lage, regelmäßig mindestens 400 Exemplare der Zeitschrift zu verkaufen, kann er fest angestellt werden (auch in Teilzeit).
Neben dem Arbeitsangebot geht BISS auch die Entschuldung des Verkäufers und seine gesundheitliche Sanierung an. Beim Erstbezug einer Wohnung stellt ihm BISS Geld zur Finanzierung der Erstausstattung zur Verfügung.
Die Schreibwerkstatt
Verkäufer, die sich auch in der Zeitschrift engagieren möchten, haben die Möglichkeit, in die BISS-Schreibwerkstatt zu gehen. Einmal in der Woche bringen sie mit Hilfe zweier Journalisten ihre Gedanken und Ansichten zu Papier. Unter der gleichnamigen Rubrik werden die Texte dann veröffentlicht. Durch diese Texte ist BISS in der Münchner Medienlandschaft einzigartig, denn relativ ungefilterte Beiträge von bedürftigen oder armen Menschen gibt es nur in der BISS.
Der gemeinnützige Verein
Der gemeinnützige und gleichnamige Verein, der die Zeitschrift herausgibt, hat Ziele, die die Verkäufer betreffen, festgeschrieben: Der Verkauf der Zeitschrift soll Hilfe zur Selbsthilfe leisten. Der Verkäufer verdient dadurch nicht nur Geld. Die regelmäßige Tätigkeit strukturiert seinen Tag, und er hat die Möglichkeit, Kontakte zu seinen Kunden zu knüpfen. Durch die kontinuierliche persönliche Betreuung, die sich daraus ergibt, wird das Selbstwertgefühl der Verkäufer gestärkt, ihnen wird somit ein schrittweiser Austritt aus ihrer Isolation, Armut und Ausgrenzung ermöglicht. Durch Öffentlichkeitsarbeit wie Diskussionsrunden und Vorträge in Schulen möchte der Verein die Gesellschaft aufklären und sie für Menschen in sozialen Notlagen sensibilisieren.
Das Netz
Das Projekt BISS nützt das professionelle und noch immer engmaschige Hilfesystem der Stadt München auch für seine Verkäufer. Für notwendige Vorarbeiten und Abklärungen sowie für besonders komplizierte Fälle, hat BISS einen Sozialarbeiter auf Teilzeitbasis angestellt. Beim Kauf einer Zeitschrift ergibt sich die Möglichkeit zur unverbindlichen Kontaktaufnahme. Wenn es einen Käufer interessiert, kann er mehr über das Leben eines BISS-Verkäufers erfahren und entdecken, wie er helfen kann. BISS funktioniert, weil es in der Lage ist, die unterschiedlichsten gesellschaftlichen Kräfte zu bündeln. Münchner Bürger, Unternehmen, Werbeagenturen, Kirchenleute und Stiftungen tragen zum Erfolg des Projekts bei. (Siehe auch Ausgabe 10/2013, Seite 13/14 und Seite 28)
Das Geld
BISS erhält keine öffentlichen Gelder, sondern finanziert sich durch den Verkauf der Zeitschrift und der Anzeigen. Damit werden die Herstellungskosten des Magazins inklusive der Honorare, die Gehälter des Fachpersonals und die Betriebskosten bezahlt. Bußgelder, die BISS – wie anderen sozialen Einrichtungen in Bayern – sporadisch von Richtern und Staatsanwälten zugesprochen werden, dienen, soweit notwendig, ebenfalls der Finanzierung des Geschäftsbereichs. Alle Spenden werden nur für Bürger in sozialen Schwierigkeiten eingesetzt.
Die anderen
Die Idee Straßenzeitung kommt ursprünglich aus Amerika. BISS kam am 17. Oktober 1993 als erste Straßenzeitschrift in Deutschland auf den Markt. Mittlerweile gibt es hierzulande über dreißig mehr oder weniger ähnliche Projekte. Seit Bestehen dieser Straßenzeitungen diskutieren die Macher darüber, welches Konzept das richtige ist: Sollen Verkäufer in alle Produktionsschritte der Zeitschrift eingebunden sein, oder genügt es, wenn sie eine von Profis hergestellte Zeitschrift verkaufen und sich damit neue Perspektiven (nicht nur) auf dem Arbeitsmarkt eröffnen. BISS hat sich für einen Mittelweg entschieden und bindet die Verkäufer durch die Schreibwerkstatt und die Stadtführungen so weit wie möglich ein. Der Erfolg zeigt, dass es eine richtige Entscheidung war.
Die Geschichte
BISS begann mit null Mark und viel Mut. Ohne eine große Organisation im Rücken gelang es dem gleichnamigen Interessenkreis, etwas Konkretes gegen Armut und Obdachlosigkeit zu tun. Der Interessenkreis bestand aus Journalisten, Sozialarbeitern, Layoutern, Kirchenleuten und obdachlosen Menschen. Durch glückliche Zufälle: Es fanden sich immer die richtigen Mitstreiter zum richtigen Zeitpunkt. Und durch die Unterstützung aller, die sich für diese Idee begeistern können, hat sich BISS zu dem entwickelt, was es ist: eine der wenigen Chancen für Menschen, die die Gesellschaft in puncto Arbeit aufgegeben hatte.
Daten und Fakten
Stand: Oktober 2019
Name der Zeitschrift:
BISS – Bürger in sozialen Schwierigkeiten
Verkaufte Auflage monatlich 2018:
durchschnittlich 38.000 Exemplare
Erscheinungsweise:
monatlich, Doppelnummer Juli/August
Erstausgabe:
Oktober 1993
Verkäufer:
zirka 100
Mitarbeiter:
67 Festangestellte (davon 57 angestellte BISS-Verkäufer) sowie Aushilfskräfte und zirka 15 Freie (Journalisten, Fotografen)