Wer wohnt wie? In der Kolumne geben Menschen aus dem BISS-Netzwerk Einblicke in ihren Wohnalltag. Sie erzählen, wie sie früher gelebt haben, wie sie momentan wohnen und was sie sich für die Zukunft erhoffen.
Protokoll FELICITAS WILKE
Foto MARTIN FENGEL
Der Familienmensch

„Ich bekomme in meiner Wohnung oft Besuch. Wenn man sich auf dem Balkon umschaut, dann sieht man auch, von wem. Dort habe ich eine Barbie und einen Teddy für meine Enkelinnen verstaut, die sieben und fünf Jahre alt sind und um die Ecke wohnen. Sie sind oft bei mir und übernachten auch regelmäßig bei mir. Oh, wie ich es liebe, Oma zu sein! Ich koche und backe für sie, ich spiele mit ihnen und erfülle ihnen auch gern Wünsche. Typisch Oma eben. Meine Familie ist mein Reichtum, mit ihr hat Gott mich gesegnet. Ich habe vier Kinder aus erster Ehe, zwei Kinder mit meinem zweiten Mann und noch mal drei Kinder, die er in die Ehe mitgebracht hat: ergibt insgesamt neun Kinder, 18 Enkelkinder und sogar schon Urenkel! Als noch nicht alle Kinder aus dem Haus waren, haben wir in einer großen Wohnung in der Orleansstraße in Haidhausen gewohnt. Sie hatte fünf Zimmer und mehr als 100 Quadratmeter. Seit die Kinder nicht mehr bei uns leben, wohnen mein Mann und ich in einer Zweizimmerwohnung in Riem. Als wir 2008 hierhergezogen sind, war die Wohnanlage noch ganz neu. Hier haben wir es uns gemütlich gemacht: Das Wohnzimmer haben wir mit zwei großen Sofas mit Blumenmuster eingerichtet, dann haben wir noch einen Sessel und eine kleinere Couch. Am Anfang waren es nicht ganz so viele Möbel, aber als mein Sohn umgezogen ist und ein Sofa übrig hatte, haben wir das übernommen. Die Familie ist ja groß genug dafür. Am Fenster hängen Gardinen, auf dem Esstisch steht eine Vase mit großen Stoffblumen. Für unsere 56 Quadratmeter mit Balkon fallen 850 Euro warm an, wovon einen Großteil das Sozialamt übernimmt. 130 Euro zahlt mein Mann. In Riem fühlen wir uns sehr wohl: Wohin man blickt, findet man Parks und Spielplätze, der Buga-See zum Baden und die Riem-Arcaden zum Einkaufen sind auch in der Nähe. Ursprünglich komme ich aus Satu Mare in Rumänien, wo ich mit meinem Bruder und meinen Eltern in einer kleinen Wohnung aufgewachsen bin. Die Familie hatte mein ganzes Leben lang schon einen hohen Stellenwert für mich. Ich hatte eine schöne Kindheit, in der ich meine Mutter und meinen Vater nie habe streiten hören. Nach der Schule heiratete ich und bekam schnell Kinder. Doch meine Ehe war leider nicht glücklich, wir stritten oft. Um meinen Kindern auch eine unbeschwerte Kindheit ermöglichen zu können, ging ich mit ihnen weg. Ich lernte meinen zweiten Mann kennen und ging mit ihm nach München, wo wir uns ein neues Leben aufbauten. Anfangs lebten wir in Pensionen, bis wir an meinem Geburtstag im Jahr 1993 den Schlüssel für unsere erste eigene Wohnung überreicht bekamen. Diesen Tag werde ich nie vergessen! In der Zwischenzeit hatten wir auch Arbeit gefunden: Mein Mann war bei einer Putzfirma tätig, ich kümmerte mich vor allem um unsere große Familie und putzte auch stundenweise. Heute sind wir beide Rentner, wobei ich nebenher noch die BISS verkaufe. Nach mehr als 30 Jahren ist München zu meiner Heimat geworden. Wenn ich zu Besuch in Rumänien bin, habe ich mittlerweile Heimweh nach München. Kein Wunder, hier leben ja auch alle meine Kinder!“