Wem gehört die Stadt?

Von Dr. Simone Egger

Text in einfacher Sprache


München ist die teuerste Stadt in Deutschland. In München gibt es zu wenige Wohnungen. Weil viele Menschen in München eine Wohnung suchen, sind die Mieten hoch. Wer normal verdient, kann sich München kaum leisten. Nur die, die viel Geld verdienen, finden leicht eine Wohnung. Schwierig wird es auch, wenn man Kinder, einen Hund oder eine Katze hat. Schon mit einem ausländischen Namen wird man zu Wohnungsbesichtigungen oft nicht eingeladen.
Wer ein Haus oder eine Wohnung vermietet, will viel Geld damit verdienen. Dass es wichtig ist, dass viele unterschiedliche Menschen in einer Stadt wohnen, interessiert sie oft nicht. In München gibt es viele Baustellen und Kräne. Die neuen Wohnungen sind aber teuer. Je mehr Menschen nach München kommen, desto größer wird der Abstand zwischen arm und reich. In einigen Stadtviertel wohnen überwiegend arme Menschen, in anderen reiche.
Wenn sich jemand beschwert, dann sind das meistens Menschen aus der Innenstadt, die ein normales Einkommen haben. Menschen in ärmeren Stadtteilen wie Moosach und dem Hasenbergl finden auch keine Wohnung oder keinen Platz für ein Geschäft. Aber ihnen hört niemand zu. Wichtig für eine Stadt sind aber nicht nur die Menschen, die im Büro arbeiten und gut verdienen, sondern auch die, die im Supermarkt die Regale einräumen oder den Bus steuern. Wenn es keine Müllmänner mehr gibt, bleibt der Müll auch in den reichen Vierteln liegen, wenn es niemanden mehr gibt, der im Kindergarten arbeitet, muss sich der Architekt um die Kinder kümmern und kann keine Häuser mehr planen. Nur wenn es sich Menschen aus allen Berufen leisten können, in München zu wohnen, kann die Stadt gut funktionieren.

Durch Corona ist die Situation noch schwieriger geworden. Die, die eine große Wohnung oder ein Haus haben, konnten gut daheim arbeiten. Andere haben ihre Arbeit verloren. Viele mussten trotz Pandemie in die Arbeit gehen und konnten sich nicht vor den Viren schützen. Für Menschen ohne Zuhause oder mit einer kleinen Wohnung war Corona sehr schlimm. Corona hat die Menschen aber auch einsam gemacht. Wenn jemand mit Corona gestorben ist, durften seine Verwandten nicht einmal ins Krankenhaus.

Wichtig ist, dass es viele Plätze in der Stadt gibt, wo man hingehen darf, ohne etwas kaufen oder essen zu müssen. Besonders nach Corona wollen sich Menschen treffen, miteinander reden und lachen.
Bis vor einem Jahr gab es den Gasteig in der Rosenheimer Straße. Im Gasteig kamen reiche und arme Menschen zusammen. Im Gasteig gab es Konzerte, die Bücherei, aber auch viel Platz, um einfach zu sitzen und das Internet zu benutzen. Der Gasteig wird in den nächsten Jahren umgebaut. Die Konzerte finden jetzt im HP-8 statt.
Einen Platz, wo sich alle Menschen aufhalten können, gibt es im HP-8 nicht. Früher konnte man auch im Kaufhof oder Karstadt im warmen Kaufhaus rumgehen, die Toilette benutzen oder im Restaurant sitzen. Der Karstadt ist abgerissen worden. Auch am Hauptbahnhof wurde die Schalterhalle abgerissen. Es werden neue Büros, Restaurants und Gärten gebaut, in die aber nicht mehr jeder gehen darf.
Wissenschaftler sagen seit vielen Jahren, dass Menschen mit viel Geld Wohnungen in München kaufen und natürlich wollen, dass sich das auch lohnt. Die Folge ist, dass alles zugebaut wird und es immer weniger Orte gibt, an denen sich Menschen einfach treffen können. Wenn Menschen mit wenig Geld keine Wohnung finden, können sie sich auch nicht in München einleben. Sie kümmern sich dann auch nicht um Nachbarn oder helfen in Vereinen mit.
Während Corona hat die Stadt erlaubt, dass Restaurants und Bars Stühle und Tische auf die Parkplätze vor den Restaurants stellen. Diese Sitzplätze nennt man Schani-Gärten. Die Politiker sagen, dass dadurch das Klima in München besser wird, weil es weniger Autos gibt und die Menschen mehr Platz haben. Aber auch in die Schani-Gärten dürfen sich nur Menschen setzen, die ein Getränk oder Essen bestellen. Menschen mit wenig Geld dürfen sich nicht hinsetzen.
München braucht unbedingt Plätze, wo sich Menschen treffen können, ohne Geld dafür bezahlen zu müssen. Nur wenn die Politiker sich darum kümmern, bleibt München eine Stadt, in der sich alle wohlfühlen und friedlich zusammenleben. Das ist wichtig, damit München eine lebenswerte Stadt bleibt.