Unser Baby…

EIN TEXT AUS DER SCHREIBWERKSTATT

von Ercan Uzun

… heißt „Papa“ und ist ein Graupapagei. Vögel dieser Art können bis zu 60 Jahre alt werden. Vergangenen Herbst fuhren wir nach Niederbayern zu einem Züchter und erfüllten uns einen lang gehegten Wunsch. Als wir Papa kauften, war er ein halbes Jahr alt. Wir mussten ihn erst mal zähmen, zwei Wochen war er darum bei uns zu Hause in seiner Voliere eingesperrt. Nach und nach hat meine Frau ihn dann herausgelassen. Das Sprechen hat er schnell gelernt, dafür sind Graupapageien ja auch berühmt. Seine ersten Worte waren „Papa“, „Trabzonspor“ (der Name meines türkischen Fußballvereins) und „Aşkım“, was so viel wie Liebling auf Deutsch bedeutet. Demnächst möchte ich ihm „58, 59, Sechzig“ beibringen, damit er auch hier meinen Verein, den TSV 1860 München, anfeuern kann. Leider hat Papa nicht nur für Freude gesorgt, als er zum Beispiel am Hausmobiliar knabberte. Am meisten haben sich meine Frau und meine Tochter um ihn gekümmert. Meinen ältesten Sohn nervt dagegen sein Pfeifen und Geplapper. Er hätte lieber einen Vierbeiner als Haustier gehabt. Aber ein Hund darf nach unseren religiösen Gepflogenheiten nicht in der Wohnung gehalten werden. Es dauerte lange, bis Papa zutraulich wurde. Dann aber kam er zum Erstaunen aller Familienmitglieder entweder zu mir oder zu meinem zweitältesten Sohn. Immer wenn ich vom Verkauf nach Hause komme, fliegt Papa auf mich zu. Warum er am meisten meine Nähe sucht, ist uns allen ein Rätsel. Auf jeden Fall sind wir froh, mit ihm ein neues Mitglied in der Familie zu haben.
Und wer weiß: Vielleicht stehe ich irgendwann mit ihm auf der Schulter am Sendlinger Tor und verkaufe die BISS? Noch haben wir aber zu viel Angst davor, dass Papa uns wegfliegt.