Mit tierischer Hilfe durch die Pandemie

Seit das Corona-Virus sich in Deutschland ausbreitet, ist die Anzahl der Haustiere stark gestiegen. Hund, Katze oder Hase sorgen für Gesellschaft im Lockdown und fördern überdies die Gesundheit. Doch sollte man sich gerade jetzt gut überlegen, ob man so ein Tier auch nach der Pandemie noch artgerecht halten kann.


Von MAURITIUS MUCH
Fotos  TOBY BINDER

Polly ist immer dabei, wenn BISS-Verkäufer Martin Berrabah unterwegs ist

Die Lockdown-Phasen in der Corona-Pandemie hat auch Martin Berrabah deutlich gespürt. Der Mann mit der Schiebermütze verkauft BISS-Ausgaben morgens von kurz vor sieben bis neun Uhr am Ostbahnhof, dann im Perlacher Einkaufszentrum (PEP). „Dadurch, dass so viele Geschäfte nicht auf waren und viele Homeoffice gemacht haben, kamen viel weniger Menschen vorbei und kauften dementsprechend weniger Zeitungen. Das war manchmal schon frustrierend.“ Gerade dann war Berrabah besonders froh, dass er Polly hat. Der Yorkshire-Terrier-Mischling ist seit vier Jahren überall mit dabei – natürlich auch beim Verkaufen der BISS-Ausgaben. „Wenn ich während der Corona-Zeit die Geduld verlor oder mich ärgerte, dass niemand die Zeitung kaufen wollte, bin ich einfach aus dem PEP raus und eine halbe Stunde Gassi gegangen.“ Direkt hinter dem Einkaufszentrum ist ein großer Park. Dort ließ Berrabah den Hund frei laufen und drehte mit ihm eine Runde. „Dabei konnte und kann ich sehr gut abschalten“, sagt er und streichelt seiner Hundedame übers beige Fell. Er hat in der Mittagshitze unter einem Baum in dem Park hinterm PEP Platz genommen. Nun flitzt Polly durchs Gras. Jeder andere Hund wird durch freudiges Bellen begrüßt. „Polly, ist gut“, ruft Berrabah und pfeift. Sofort kommt der Mischling angelaufen. „Sie weicht mir nicht von der Seite.“
Wie Berrabah sind viele Menschen gerade in Pandemie-Zeiten froh, einen Hund oder ein anderes Haustier zu haben. Corona hat sogar dazu geführt, dass sich viele, die vorher keinen tierischen Mitbewohner hatten, ein Kaninchen, eine Katze oder einen Terrier angeschafft haben. So verkündeten der Industrieverband Heimtierbedarf (IVH) und der Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe Deutschlands (ZZF) bereits im März, dass die Anzahl der Haustiere in den vergangenen zwölf Monaten um fast eine Million auf knapp 35 Millionen Tiere gestiegen sei. „Das ist schon ein gewaltiger Anstieg“, sagt Frank Nestmann, Professor am Institut für Sozialpädagogik, Sozialarbeit und Wohlfahrtswissenschaften der TU Dresden. Dort gehört Nestmann zu einer Forschungsgruppe, die die Beziehung zwischen Tier und Mensch untersucht. Mittlerweile sind in knapp der Hälfte aller deutschen Haushalte ein Kanarienvogel, eine Perserkatze oder ein Schäferhund zu Hause. Beliebteste Tiere sind Katzen (15,7 Millionen Exemplare) und Hunde (10,7 Millionen). Die Heimtierbranche verzeichnete insgesamt seit Corona-Beginn einen enormen Wachstumsschub. Der Umsatz stieg um 5 Prozent auf 5,5 Milliarden Euro. 3,3 Milliarden Euro gaben die Deutschen allein für Katzen- bzw. Hundefutter aus. Auch im Bekanntenkreis von Martin Berrabah haben sich in der Pandemie mehrere Leute Haustiere angeschafft. „Das empfehle ich jedem“, sagt das Herrchen von Polly. „Zwei, drei Kunden von mir haben nun einen Hund oder eine Katze. Sie sind sehr glücklich mit ihnen.“ So geht es auch Berrabah. Vor Polly hatte er bereits einen Hund namens Maja. Doch sie starb 2016. Ein Jahr später fragte eine Kundin ihn, ob er nicht wieder einen Hund wolle. Sie hätte da einen Mischling, der ein Zuhause sucht. Beim ersten Treffen ist Polly gleich auf Martin Berrabah zugelaufen, warf sich ihm zu Füßen und ließ sich zehn Minuten auch am Bauch streicheln. „Dadurch hat sie mir signalisiert: Du bist mein Herrchen.“ Zunächst hatten die beiden noch zwei weitere Mitbewohner, die Katzen Oskar und Felix. Da sie schon mit Hündin Maja zusammengelebt hatten, akzeptierten sie auch Polly schnell. Doch die Kater starben vor einiger Zeit im hohen Alter von 15 und 16 Jahren. Da half es Berrabah sehr, dass er mit Polly eine weitere tierische Begleitung hatte.

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