„Wenn ich mir Gedanken darüber machen würde, was andere haben, würde ich mich selbst vergessen“
Wie und warum BISS-VerkäuferInnen für einen digitalen Armutskongress schreiben oder reden wollen
Von CHRISTOPH LINDENMEYER
Fotos HANNES ROHRER

Ein Computerkurs der anderen Art. Keiner der Teilnehmenden besitzt einen Laptop oder ein iPad. Aber zwei von den drei Anwesenden, die Monat für Monat das BISS-Magazin in München verkaufen, besitzen ein Handy. Einer hat kein Mobiltelefon. Er hat noch nie eines besessen. Bis vor Kurzem verfügten die zwei Handy-Benutzer über keine E-Mail-Adresse. Wozu auch? Telefonieren, SMS schreiben genügte. Bis sie sich einen Account einrichteten, um E-Mails empfangen und senden zu können. Denn das sind Probleme, die sich lösen lassen. Ein Laptop wird zur Verfügung gestellt. Der Zugang auf dem Handy der Kursleiterin hilft dabei, eine E-Mail-Adresse einzurichten und zu verifizieren. Das Konto eines Teilnehmers wurde sehr schnell gesperrt. „Herr Herzog hatte sich große Sorgen gemacht“, erzählt die Kursleiterin, „weshalb sein E-Mail-Zugang gesperrt wurde.“ Und dann war da noch das Problem, die Passwörter einzutragen. Die drei Personen hatten bisher keine Erfahrung damit. Eine ganz andere Dimension des Denkens wurde verlangt. Als es so weit war, sich eine Adresse und ein Passwort auszudenken, waren sie aufgeregt. Es ist nicht leicht, ein Passwort zu erfinden. Keiner von ihnen verfügt zu Hause über einen Computer, niemand über ein Netzwerk. Vielleicht ein Passwort mit Lieblingszahlen und dem geliebten Fußballverein? So zeigten sich in den ersten Stunden die Probleme. Die Geschichte soll aber von Anfang an erzählt werden.
„Alles ist anders, wenn es uns Armen begegnet“ Anton Wildgans, „Dichter und Dramatiker der Armut“
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