Ohne Halt

EIN TEXT AUS DER SCHREIBWERKSTATT

Von Angela-Rodica Crişan

Seit etwa anderthalb Jahren wohne ich in einer Pension, in einem kleinen Raum mit Etagenbett, ich schlafe oben, meine Mitbewohnerin unten. Mit etwa zehn anderen Frauen teile ich mir das Gemeinschaftsbad. Vergangenen Winter hatte ich es schön warm, aber in diesem Herbst geht die Heizung nicht. Warum das so ist, weiß ich nicht genau, ich habe gehört, dass das Jobcenter wohl etwas noch nicht genehmigt hat. Vielleicht hängt das auch mit den Vorfällen im Haus zusammen: Eine Frau hat einen Menschen getötet und dann ihr Zimmer in Brand gesetzt. Nun sitzt sie im Gefängnis. Wie auch immer, von der Kälte tut mir mittlerweile mein Rücken weh. Nach der Arbeit brauche ich Ruhe, will mir was kochen und auf dem Bett entspannen wie andere Leute auch. Wenn ich aber momentan nach Hause komme, ist es kalt und es stinkt nach Zigaretten, denn meine Mitbewohnerin raucht und trinkt. Sie ist ständig betrunken und schaut fern. Sauber macht sie nie. Der Tag beginnt bei mir um fünf Uhr morgens, dann stehe ich auf, trinke einen Kaffee und kann es kaum erwarten, wieder an der frischen Luft zu sein. Oft sage ich zu Gott: „Herr, ich kann nicht mehr!“ Ich fühle mich wie getrieben, ohne jeglichen Halt. So kann ich nicht weiterleben. Darum war ich beim Jobcenter, um etwas Neues zu kriegen, vielleicht auch mit meiner BISS-Kollegin Valeria zusammen. Sie wohnt auch in einer Pension, aber es ist viel besser dort. Auch könnte ich sie im Alltag unterstützen, da sie krank ist und Probleme mit dem Rücken und den Beinen hat. Mein größter Wunsch ist es aber immer noch, mit meinem kleinen Sohn zusammenzuleben. Auf jeden Fall will ich aber leben, wie es sich für einen Menschen gehört. Aber man weiß nie, an welchem Ort das Glück Gottes einem begegnet.