EIN TEXT AUS DER SCHREIBWERKSTATT
VON Sevdzhan Yasar Hasan
Ich bin vor 13 Jahren von Bulgarien nach München gekommen. Eine Freundin von mir lebte schon eine Weile hier, und als sie zu Besuch bei uns war, sagte sie zu mir: „Sevdzhan, komm auch nach Deutschland, es gibt dort Arbeit für dich.“ Also habe ich mich nach München aufgemacht und meine Familie ist mitgekommen. Seitdem leben wir hier: mein Bruder, meine Schwägerin, meine Nichten und ich. Mein erster Job war als Zimmermädchen in einem Hotel, auch die anderen aus meiner Familie durften dort arbeiten. Am Anfang hat es mir gut gefallen, ich war jung und stark und konnte gut anpacken. Ich habe sehr viel geputzt, manchmal waren es 40 Zimmer an einem Tag. Wochenenden und Urlaub hatten wir kaum – und wenn doch, habe ich mich nicht so gut gefühlt, weil dann andere Leute noch mehr arbeiten mussten. Zehn Jahre habe ich in diesem Hotel gearbeitet. Das Putzen wurde immer anstrengender, meine Schultern und mein Kreuz haben ständig wehgetan. Außerdem habe ich von einem der Putzmittel Asthma bekommen und etwas mit meinem Blut hat nicht gestimmt. Das kannte ich alles gar nicht von mir, weil ich bis dahin immer ein total gesunder Mensch gewesen war. Zwei Jahre lang war ich immer wieder bei Ärzten. Einer von ihnen hat mir gesagt, dass ich sofort mit dieser Arbeit aufhören sollte. Irgendwann musste ich wegen meiner Blutprobleme operiert werden. Nichts Lebensbedrohliches, aber auch nichts Schönes. Mein Chef wollte, dass ich danach möglichst bald wieder das Arbeiten anfange, aber ich habe ihm gesagt, dass ich das nicht kann. Daraufhin hat er uns alle rausgeworfen. Zwei Jahre lang habe ich Geld vom Jobcenter bekommen, aber es hat nicht gereicht, und ich kann ja auch nicht den ganzen Tag nur rumsitzen. In Bulgarien war ich Schneiderin, aber hier habe ich nichts finden können. Vor einem Jahr habe ich als BISS-Verkäuferin angefangen. Seitdem ich das mache, geht es mir viel besser und ich fühle mich wieder gesund. Die Arbeit ist viel angenehmer als im Hotel, mittlerweile habe ich sogar einige Stammkunden. Mein Bereich ist der Ostbahnhof. Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, im Stehen zu verkaufen. Dann habe ich mehr Ausstrahlung und es kommen viel mehr Menschen auf mich zu. Also, bloß nicht zu lange hinsetzen!