
Das Thema Impfen gegen COVID hat auch bei uns zurzeit Hochkonjunktur. Und es wird unter den BISSlern ebenso kontrovers diskutiert wie überall in Deutschland: Einige wenige sind schon geimpft, weil sie aufgrund ihres Alters als Erste an der Reihe waren, andere Impfbereite haben zumindest Termine, manche wollen sich unter gar keinen Umständen impfen lassen, und dann gibt es diejenigen, die sich noch nicht endgültig entschieden haben. Ich finde es gut, dass diskutiert wird, und halte es für alle Beteiligten von Vorteil, zu erleben, dass man über denselben Sachverhalt höchst unterschiedlicher Meinung sein kann, sich aber deswegen nicht beleidigen oder total überwerfen muss. Was zählt, ist, dass diejenigen, die sich impfen lassen wollen, auch die Möglichkeit dazu bekommen. Zwar kann sich theoretisch jeder über das Online-Registrierungssystem anmelden, aber in der Praxis kommt die große Mehrheit unserer Verkäuferinnen und Verkäufer nicht über diese erste Hürde, denn dazu bräuchten sie solide Computer- und Deutschkenntnisse, eine E-Mail-Adresse und einen funktionierenden PC, weil das am Handy ein elendes Gefummel ist. Damit es in der Sache vorangeht, meldet das BISS-Büro impfbereite Personen auf Wunsch über eine Sammeladresse an, übersetzt und klärt relevante Fragen in den wichtigsten europäischen Sprachen und bestätigt den
Impftermin, wenn es so weit ist.
Obwohl viele unserer Leute gesundheitlich angeschlagen und damit im Falle einer COVID-Erkrankung besonders gefährdet sind, haben manche sehr große Vorbehalte gegenüber einer Impfung. Mir scheint, dass ein tiefes Misstrauen gegenüber staatlichen Autoritäten der wichtigste Grund dafür ist. Das wiederum wundert nicht, denn arme Menschen haben von staatlicher Seite kaum Vorteile oder gar Großzügigkeit zu erwarten. Im Extremfall haben sie mit der „Obrigkeit“ negative Erfahrungen gemacht und eine Kindheit im Heim oder einen Aufenthalt in der Psychiatrie hinter sich. Dieses Vertrauen kann jedoch wieder aufgebaut werden, wenn sozial benachteiligte Menschen Aussicht auf ein besseres Leben und Beteiligung an der Gesellschaft haben, dazu gehören ein Arbeitsplatz, bezahlbarer Wohnraum und soziale Anerkennung.
Unser Verkäufer Herr S., der aus Angst vor einer Ansteckung kaum mehr seine Wohnung verlässt, hatte bei Redaktionsschluss einen Impftermin. Er will, so sagt er, mit Impfung endlich wieder unter die Leute und die BISS verkaufen. Drücken wir ihm die Daumen, dass das so läuft.
Herzlichst

Karin Lohr, Geschäftsführerin