Rückblick mit Ausblick

Wie jedes Jahr möchten wir allen, die unsere Zeitschrift lesen und unser Projekt unterstützen, Rechenschaft geben und die Entwicklung von BISS zusammenfassend darstellen.

Zusammenfassung Gewinnn- und Verlustrechnung BISS e.V. 2024
Ertrag EUR Aufwand EUR
1. Betriebliche Erträge (Straßenverkauf, Anzeigen, Abos, Einnahmen angestellter Verkäufer, Stadtführungen, Zinserträge …) 1.172.693,79 1. Herstellungs- und Materialaufwand für 11 Ausgaben inklusive Honoraren 270.917,69
2. Sonstige Erträge (Spenden, Patenschaften, Fördermitgliedsbeiträge, Geldbußen, Vermächtnisse …) 2.236.425,58 2. Sonstige betriebliche Aufwendungen (Miete, Büromaterial, EDV, AfA …) 195.501,84
3. Eingliederungszuschuss Arbeitsagentur/Lohnfortzahlungen Krankenkasse 16.188,53 3. Aufwendungen für Betroffene (Wohnraumausstattung, Einzelfallhilfe aller Art, Unterstützung von sozialen Projekten …) 1.223.294,47
4. Personalaufwand für 72 Angestellte (davon 60 angestellte BISS-Verkäufer) sowie Aushilfskräfte *1.917.513,85
5. Jubiläums- und Tagungskosten 30 Jahre BISS 10.437,30
Zwischensumme Ertrag 3.425.307,90 Der Jahresabschluss wurde von einem Wirtschaftsprüfer erstellt
Auflösung Rücklagen 192.357,25
Gesamtsumme 3.617.665,15 Gesamtsumme 3.617.665,15
*2024 setzen sich die Gehälter von 1.917.513,85 Euro (4.) zusammen aus 610.728,46 Euro für den Innendienst und 1.306.785,39 Euro für die Verkäufer*innen. Für Betroffene und soziale Projekte, die sich um Obdach- und Arbeitslose kümmern, wurden also insgesamt 2.530.079,86 Euro (1.306.785,39 Euro + 1.223.294,47 Euro(3.)) ausgegeben.

Das BISS-Modell

Wiedereingliederung armer und obdachloser Menschen in
die Gesellschaft durch: • soziale Kontakte • Einkommen aus Arbeit
• Wohnung • Arbeitsplatz • Entschuldung • Einzelfallhilfe

1. Säule 2. Säule 3. Säule 4. Säule
Zeitschrift Freunde und Gönner Paten für angestellte BISS-Verkäufer*innen Abtei St. Bonifaz
  • Redaktion
  • Verkäufer
  • Stammkunden
  • Anzeigenkunden
  • Förderer
  • Spender
  • Vermächtnisse
  • Bußgelder
Hauptausgabestelle der Zeitschrift
1.200.000 Euro 850.000 Euro 550.000 Euro „Geldsparsäule“
Erforderliche Einnahmen im Jahr 2025: 2.600.000 Euro
Statistik 2024 BISS-Verkäuferinnen/Verkäufer
Aktive Verkäuferinnen/Verkäufer 133 = 100% davon sind
Frauen 42 = 32 % deutsch 32 = 24 %
Männer 91 = 68 % EU-Bürger 96 = 72 %
keine EU-Bürger 5 = 4 %
133 = 100% 133 = 100%
1. Alter
bis 39 Jahre 4 = 3 %
40 bis 49 Jahre 30 = 22,5 %
50 bis 59 Jahre 41 = 31 %
60 bis 69 Jahre 40 = 30 %
70 Jahre und älter 18 = 13,5%
133 = 100 %
2. Verweildauer
weniger als ein Jahr 27 = 20 %
1 bis unter 4 Jahre 43 = 32 %
4 bis unter 6 Jahre 11 = 8 %
6 bis unter 10 Jahre 22 = 17%
10 bis unter 15 Jahre 15 = 11,5 %
15 Jahre und länger 15 = 11,5 %
133 = 100 %
3. Einkommenssituation
Existenzsicherung ausschließlich durch
Anstellung/Gehalt von BISS 61 = 46 %
Kleinrente plus BISS-Verkauf 17 = 13 %
Arbeitslosengeld/Sozialhilfe plus BISS-Verkauf 55 = 41 %
133 = 100 %
4. Wohnsituation
Wohnung 92 = 69 %
Unterkunft/Wohnheim/Pension 23 = 17 %
auf der Straße 18 = 14 %
133 = 100 %

Rückblick: Auch wenn 2024, im 31. Jahr unseres Bestehens, kein runder Geburtstag für BISS anstand, so gab es doch mehrere Jubiläen zu feiern: Drei unserer Verkäuferinnen und sechs unserer Verkäufer waren im vergangenen Jahr seit 5, 10, 15 oder sogar 25 Jahren fest bei BISS angestellt. Am längsten, seit 1. Juni 1999, ist Christian Zimmermann an Bord, ein BISS-Urgestein! Es ist eine meiner liebsten Aufgaben, unseren „Jubilierenden“ in der großen Runde bei der monatlichen Versammlung zu gratulieren und ihnen eine hübsch gerahmte Urkunde zu überreichen. Einen Bonus gibt es ebenfalls, der kann auf ein Bankkonto überwiesen werden, das manchmal erst mit Unterstützung unserer Sozialarbeit auf den Weg gebracht wurde. Ich ziehe den Hut vor dem langen Atem jeder dieser Personen, die sich trotz widriger Umstände aus einer schweren Lebenskrise wieder zurück in eine tragfähige Existenz gekämpft haben. Es ist berührend, zu sehen, wie glücklich und stolz die Geehrten sind und wie sehr sich auch die anderen Verkäuferinnen und Verkäufer freuen, die vielleicht erst am Anfang ihres Weges stehen. An den Zahlen unserer Statistik sieht man, dass im vergangenen Jahr 20 Prozent unserer Verkäufer mit einer Beschäftigungsdauer von weniger als einem Jahr erst seit Kurzem bei BISS waren. Dieser Anteil der Einsteiger ist seit vielen Jahren vergleichsweise unverändert und zeigt, dass BISS trotz langjährig angestellter Verkäufer offen und zugänglich bleibt für neue Hilfesuchende. Unsere Sozialarbeit führt mit jedem Interessenten, der das Straßenmagazin verkaufen möchte, ein Gespräch. Wenn die Voraussetzungen erfüllt sind – hilfebedürftig, älter als 40 Jahre und ausreichende Deutschkenntnisse –, klappt es entweder sofort oder über unsere Warteliste. Den Neuen wird in der Regel ein Verkaufsplatz im Stadtgebiet zugewiesen, wobei es sein kann, dass der gewählte Platz nur zu bestimmten Tageszeiten verfügbar ist. Von den neuen Verkäuferinnen und Verkäufern leben die meisten in sehr schwierigen Verhältnissen. Sie übernachten in Notunterkünften, „machen Platte“ auf der Straße oder kommen provisorisch bei Bekannten unter. Der Verkauf der Straßenzeitung ist ein niedrigschwelliges Hilfeangebot, das jeder Person sofort zu Geld durch den Verkaufserlös, sozialen Kontakten und einer Tagesstruktur verhilft. Im Mittelpunkt steht die Hilfe bei der Wohnungssuche, denn eine verfestigte Wohnungslosigkeit macht die Betroffenen kaputt und zerstört alles. Wie sehr sich die Verhältnisse zum Besseren wenden, wenn jemand wieder selbstbestimmt wohnen kann, zeigen die Bilder des renommierten Fotografen Rainer Viertlböck, der für „BISS-Einblicke“ die Wohnungen von BISS-Verkäuferinnen und -Verkäufern fotografiert hat. Diese Ausstellung war 2024 im Stadtteilkulturzentrum Guardini90 in München und im Kloster Benediktbeuern zu sehen. Die Ausstellungsrechte der Bilderserie liegen bei BISS und wir sind interessiert, die Ausstellung und die damit verbundenen Themen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Wer also Interesse am Thema und Zugang zu geeigneten Räumen hat, kann sich gern an uns wenden. Wir sind auch für ein Begleitprogramm zum Thema „Armut und soziale Ungleichheit“ offen und wirken gern mit.

Ausblick: Zu den großen Stärken von BISS zählt unsere Zugänglichkeit. Unser Büro in der Metzstraße ist von Montag bis Freitag geöffnet für diejenigen, die kommen und sich Hilfe erhoffen. Es hört sich immer jemand aus unserer Sozialarbeit das Problem an und macht in der Regel einen Vorschlag, wie und wo es weitergehen kann. Es ist doch ein Vertrauensbeweis, wenn jemand so mutig ist, zu kommen und sich zu offenbaren. Dieses Vertrauen verpflichtet uns und ich bin froh, dass wir so umfassend und konkret Hilfen anbieten können. Bei BISS ist (fast) alles möglich, was die Hilfe im Einzelfall umfasst: niedrigschwellige Unterstützung durch den Verkauf der Straßenzeitung bis hin zur Festanstellung mit unbefristetem Arbeitsvertrag, Schuldnerberatung und Entschuldung, Zahnsanierung, Zuzahlung zu Medikamenten und vieles mehr. In unserer alltäglichen Arbeit mit Menschen in besonderen sozialen Schwierigkeiten erleben wir, dass unzureichende Deutschkenntnisse bereits bestehende Probleme noch verschärfen. Es entstehen Missverständnisse, insbesondere zwischen Behörden und Menschen, von schriftlichen Herausforderungen wie Formularen und Anträgen ganz zu schweigen. BISS macht mit dem wöchentlichen Deutschkurs im Betrieb – Anfänger und Fortgeschrittene getrennt – ein Angebot, das diejenigen, die es brauchen, nicht ablehnen können. Unsere gemeinsame Sprache ist Deutsch, ganz egal, aus welchem Land jemand kommt. Seit zwei Jahren vergeben wir das BISS-Zukunftsstipendium mit einer monatlichen Zuwendung an Heranwachsende aus sozial benachteiligten Familien, deren Potenzial oft nicht angemessen entwickelt wird. Zwei unserer Schützlinge haben mittlerweile ihre Ausbildung bzw. das Abitur erfolgreich absolviert, eine der beiden jungen Frauen hat bereits eine feste Stelle gefunden. Jetzt hoffen wir auf einen positiven Ausgang bei den noch laufenden Stipendien und freuen uns auf neue Bewerbungen. Im Namen aller BISSler danke ich allen, die unsere Arbeit so großzügig befördern und unterstützen: den Spendern und Spenderinnen, unseren Patinnen und Paten, Leserinnen und Lesern, der Abtei St. Bonifaz mit Abt Johannes, Frater Emmanuel und dem bewährten Pfortenteam, den Ehrenamtlichen und allen unseren Freundinnen und Freunden. Sie sind unser BISS-Netzwerk und damit unsere allergrößte Stärke. Bitte bleiben Sie auch weiterhin an unserer Seite, wir brauchen Sie!

Karin Lohr

Die BISS-Maximen

1. Die Prioritäts-Maxime

Der Verkäufer kommt immer zuerst. Die Zeitschrift ist Mittel zum Zweck. Das heißt beispielsweise, die Herstellung der Zeitschrift muss kostengünstig gehalten werden, sie muss aus den Betriebseinnahmen finanziert werden, es dürfen keine Spendengelder in die Herstellung fließen. Dass jeder erwirtschaftete Überschuss wieder den Verkäufern zugute kommen muss, ist ohnehin selbstverständlich und gemeinnützigen Vereinen oder Gesellschaften per Gesetz vorgeschrieben. Verkäufer, die Sozialhilfe oder Grundsicherung beziehen, dürfen nur eine gewisse Anzahl an Zeitungen verkaufen, damit sie nicht in Grauzonen geführt werden, auch wenn diese Regelung der Auflage schadet.

2. Die Fifty-fifty-Maxime

Den Verkäufern soll von allen Erlösen mindestens die Hälfte zukommen. Mindestens 50 Prozent des Verkaufspreises eines Exemplars muss an den Verkäufer gehen. Darüber hinaus müssen die finanziellen Zuwendungen an die Betroffenen in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufwendungen für das Fachpersonal und die Herstellungskosten der Zeitschrift stehen. Das heißt, für die Verkäufer sollte auch so viel ausgegeben werden wie für das Fachpersonal, mindestens jedoch 50 Prozent davon. Abhängig vom Konzept einer Straßenzeitung, können diese 50 Prozent sowohl für die Gehälter der Verkäufer als auch für Einzelfallhilfen aller Art (Entschuldung, gesundheitliche Sanierung, Verbesserung der Wohnverhältnisse) ausgegeben werden.

3. Die Transparenz-Maxime

Einmal im Jahr müssen die Einnahmen und Ausgaben in der eigenen Zeitschrift veröffentlicht werden, so dass die Spender wissen, wie gewirtschaftet und wofür das Geld ausgegeben wurde. Durch die Anstellung der Verkäufer hat BISS schon in den ersten fünf Jahren den öffentlichen Kassen ein Plus von knapp 1 Million Euro beschert. Es wurden 560.000 Euro eingespart an Sozial- und Arbeitslosenhilfe und 420.000 Euro eingezahlt in die Kassen der Sozialversicherung und des Finanzamts. Die Anstellung der Verkäufer hat sich also für alle gelohnt: für die öffentliche Hand, für die Verkäufer selbst und für BISS. Wir konnten unsere Auflage stabil halten und unseren Verkäufern die Spendenfreudigkeit unserer Freunde und Gönner erhalten. Denn wer investiert nicht gern in Arbeitsplätze und in eine nachhaltige Verbesserung der Lebenslagen armer Menschen?