Familienzusammenführung

EIN TEXT AUS DER SCHREIBWERKSTATT

von Ludwig Gassner

Im Mai 2019 war meine Frau aus den Philippinen gekommen mit einem Besuchervisum für drei Monate. Wir wollten sehen, ob sie sich hier wohlfühlt. Zum Glück hat es funktioniert und sie hatte sich in Deutschland sehr gut eingelebt. Deshalb haben wir im August eine Familienzusammenführung beantragt. Aber eine Verlängerung des Visums oder eine Familienzusammenführung hat das KVR damals abgelehnt. Die Begründung war, dass man eine normale Familienzusammenführung in Manila beantragen hätte müssen, bevor meine Frau überhaupt hergekommen wäre. Wir haben beschlossen, den legalen Weg einzuschlagen. Am 29. Juli ist meine Frau deshalb zurückgeflogen und wir haben im August eine Familienzusammenführung beantragt. Sämtliche erforderlichen Unterlagen wie beispielsweise ein Einladungsschreiben, notariell bestätigte Ausweise und Adressbestätigungen hatte ich ihr mitgegeben, bevor sie geflogen war. In der Regel hat man danach eine Wartezeit von fünf Monaten. Am 5. Dezember 2019 hatte meine Frau einen Termin in der deutschen Botschaft in Manila. Dazu hat sie ihre Unterlagen wie Geburtsurkunde, Heiratsurkunde, Deutschkurs-Zertifikat und Ausweise mitgebracht. Wir hofften natürlich, dass sie das Visum bekommen und zu Weihnachten wieder in München sein würde. Aber wir haben die Rechnung ohne den Wirt gemacht, die deutsche Botschaft. Denn leider kam eine negative Nachricht von meiner Frau schon am 6. Dezember. Das Visum war abgelehnt worden. Die Bearbeiter hatten den Deutschkurs nicht anerkannt, weil das Zertifikat zu alt war. Es war von 2013. Sie sollte sich also noch mal beim Goethe-Institut anmelden und den Test wiederholen. Das wäre noch das kleinste Problem gewesen. Denn zwei Tage später kam eine E-Mail, in der die deutsche Botschaft die kompletten Dokumente ihrer Familie anforderte, wie beispielsweise die Geburtsurkunden ihrer acht Geschwister, die Geburtsurkunde ihrer Mutter und ihres Vaters sowie die Heiratsurkunde und Fotos der Eltern. Auch die Sterbeurkunde ihres Vaters sollte sie einreichen, der schon mit 37 Jahren an einem Herzinfarkt verstorben war; Gleiches forderten sie vom Bruder, der mit 45 Jahren verstorben war. Der Grund für all diese Forderungen war, dass meine Schwiegermutter meine Ehefrau erst mit 21 Jahren im Geburtenregister hatte eintragen lassen. Das Prozedere sollte ihre Identität bestätigen. Schuld an dem ganzen Theater ist meine Schwiegermutter. Wenn sie nicht die Eintragung versäumt hätte, hätten wir uns den ganzen Aufwand sparen können. Deshalb sind meine Frau und auch ich derzeit natürlich nicht gut auf sie zu sprechen. Leider kam der wirkliche Schock dann im Januar, als meine Frau die Dokumente besorgt hatte und feststellen musste, dass zwei ihrer Schwestern überhaupt keine Geburtsurkunden hatten. Aber das große Dilemma war, dass meine Schwiegermutter in ihrer eigenen Geburtsurkunde „Sembrano“ als Mittelname stehen hatte, aber in ihrer Heiratsurkunde der Mittelname „Zembrano“ stand. Deshalb wurden alle ihre Kinder, so auch meine Frau, mit dem Mittelnamen „Zembrano“ getauft. Das war eine einzige Katastrophe, weil man den Geburtsnamen nicht ändern kann und die Behörden das nicht als simplen Schreibfehler anerkannten. Zusätzlich hatte die deutsche Botschaft einen Termin gesetzt, den 15. Februar, für die Erbringung aller Dokumente und auch noch 300 Euro für die Dokumentenprüfung verlangt. Meine Frau zog den Antrag erst einmal zurück. Nun haben wir besprochen, dass sie es noch einmal probieren sollte, und haben eine professionelle Agentur gefunden, die diese Dokumente korrigieren kann. Schließlich müssen alle Geburtsurkunden und Heiratsurkunden geändert werden und ein Teil der Familie braucht neue Ausweise. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. All das kostet und dauert acht Wochen. Wenn alles korrigiert sein wird und sie die Deutschprüfung noch mal gemacht hat, werden wir erneut einen Antrag auf Familienzusammenführung stellen. Sollte der jedoch wieder abgelehnt werden, haben wir uns darauf geeinigt, dass ich in zwei Jahren meinen deutschen Wohnsitz aufgeben werde. Irgendwann 2020 haben wir auch ein eigenes Haus, das ihre Schwester, die noch in Wien lebt, uns schenken wird. Ihr Ehemann ist letztes Jahr an Leberkrebs gestorben und sie wird 2020 auf die Philippinen zurückkehren. Es ist kein einfacher Schritt, da ich aus gesundheitlichen Gründen regelmäßige ärztliche Betreuung brauche und letztes Jahr erst einen erneuten Herzinfarkt hatte und ich es mir sehr gut überlegen muss, wenn ich den deutschen Wohnsitz aufgebe. Ich hoffe immer noch auf ein Dauervisum für meine philippinische Frau. Aber wichtig ist nur, dass wir wieder zusammenleben können, egal wo.