Erinnerungen an die Obdachlosigkeit

EIN TEXT AUS DER SCHREIBWERKSTATT
von Pietro Dorigo
Ich bin seit 2005 bei der BISS. Davor habe ich lange auf der Straße gelebt, von Mitte der 1990er-Jahre bis fast 2000. Wenn ich nun zur Abtei St. Bonifaz gehe, um dort meine BISS-Hefte abzuholen, dann kommen immer wieder Erinnerungen an diese Zeit hoch. Denn dort sehe ich immer viele bedürftige Menschen, die auf eine warme Suppe warten. Ich weiß ganz genau, wie das ist. Ich war selbst mit einiger Regelmäßigkeit bei der Essensausgabe. Was sich heute verändert hat: Ich sehe viel mehr Leute und auch viel mehr Frauen, die regelmäßig nach St. Bonifaz kommen. Woher das kommt, weiß ich nicht. Ich sehe auch viele Italiener, meine Landsleute, darunter viele junge Menschen. Das macht mich sehr traurig. Ich hoffe, dass sie alle ihren Weg ins Leben wiederfinden können. Ich habe ihn gefunden dank BISS, und heute lebe ich in einer eigenen Wohnung mit meinen zwei Freundinnen, die immer für mich da sind (manche Stammkunden kennen sie schon: Die Freundinnen heißen „Carmensita“ und „Contessa“ und sind zwei Café-Mokka- Maschinen, eine für ein bis zwei Tassen, die andere für vier bis fünf).