„Um ein Kind aufzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf.“ Dieses afrikanische Sprichwort gilt sinngemäß auch für die (Wieder-)Eingliederung von obdachlosen Menschen, egal welcher Herkunft. Es braucht Wohnungen und es braucht die Zusammenarbeit aller. Staat, Länder und Kommunen sind wichtig, können aber wohlmeinende Nachbarn, haupt- und ehrenamtliche Helfer und ein gutes Umfeld vor Ort nicht ersetzen.

Text:
HILDEGARD DENNINGER
Fotos:
HANNES ROHRER
Und im letzten Herbst mussten wir akzeptieren, dass, selbst wenn nach unseren Vorstellungen alles passt – Zimmer, Mitbewohner, Lage –, es vorkommen kann, dass die Vorstellungen des betreuten Mieters andere sind als unsere. Und dass sich ein ehemals obdachloser Mensch in seiner neuen Umgebung einsam fühlen kann und kündigt. Obwohl es schon kalt war, ist einer unserer Mieter ausgezogen und schläft nun wieder im Freien. Er hat ordentlich gekündigt, sein Zimmer sauber hinterlassen, die Schlüssel abgegeben und die Möbel, die er mithilfe des Vereins BISS gekauft hatte, in der Wohnung belassen, sodass der Nachmieter sofort einziehen konnte. Es war das erste Mal, seit die Stiftung Wohnungen vermietet, dass jemand ausgezogen ist, ohne eine andere Wohnung zu haben. Wir haben es nicht verstanden und es hat uns sehr leidgetan, aber wir mussten es schweren Herzens akzeptieren. Es gibt aber auch Erfreuliches zu berichten vom letzten Jahr, sehr Erfreuliches sogar!
EIN GLÜCKSFALL
Das Appartement in Laim, das wir 2021 erwerben konnten, liegt gleich um die Ecke von unserer 2-Zimmer-Wohnung, in der seit 2019 eine Verkäuferin mit ihren betagten Eltern wohnt. Wir freuen uns, dass wir nun zwei nah beieinanderliegende Wohnungen haben, denn mit den Standorten unserer Wohnungen können wir nicht allzu wählerisch sein. Wir nehmen, was wir bekommen und bezahlen können, wenn es nicht ganz weit außerhalb Münchens liegt und einigermaßen gut zu erreichen ist. Aber es macht für die Stiftung, für den Sozialarbeiter und die Ehrenamtlichen, die die Menschen in der neuen Bleibe betreuen, einen Unterschied, ob sie eine Stunde oder einen halben Tag lang unterwegs sind, um von einer Wohnung zur anderen zu kommen. Am meisten Grund zur Freude aber hat Herr Máthé, der BISS-Verkäufer, der im Oktober dort eingezogen ist. Herr Máthé hatte mit Gelegenheitsarbeiten sein Geld verdient, bevor er zu BISS kam, und war durch die teilweise schwere körperliche Arbeit gesundheitlich sehr angeschlagen. Seit September 2017 ist er angestellter BISS-Verkäufer. Er lebte bis zum Einzug in das Laimer Appartement im Oktober 2021 als Selbstzahler in einer Pension. Pensionen sind nicht immer gut, aber immer teuer! Herr Máthé hat sich mithilfe von BISS in den letzten vier Jahren berappelt. Er ist sehr zuverlässig und fleißig, hat sich gesundheitlich erholt und alles, was nötig war, gemacht, um auf die Beine zu kommen. Gern zeigt er Fotos von seinen Enkelkindern, die er bei der Taufe eines der Enkel gemacht hat. Er ist stolz auf sie und er kann auch stolz auf sich sein. Denn er hat die Unterstützung, die ihm bei der Stiftung und der Straßenzeitung BISS angeboten wurde, angenommen und seine Chance genutzt. Dabei geholfen haben ihm die freundlichen Mitarbeiter vom BISS-Büro und ein Sozialarbeiter, eine Sozialarbeiterin, eine Praktikantin, ein Ehrenamtlicher, ihm zugewandte Stammkunden und eine BISS-Leserin. Vielleicht kein ganzes Dorf, aber es brauchte viele Leute! Das hat bei Herrn Máthé sogar das Jobcenter des Landkreises München eingesehen und dem Verein BISS einen Eingliederungszuschuss gewährt – wenn auch erst nach einem Gerichtsverfahren.
GLÜCKSFALL MIT STERN
Eine langjährige Kundin von BISS hatte in der Januar-Ausgabe 2019 den Artikel „10 Jahre Stiftung BISS – Ein Blick hinter die Kulissen“ gelesen, in dem auch die Gremien der Stiftung und die Menschen, mit denen wir zusammenarbeiten, vorgestellt wurden. Den Architekten Christian Herde, der die Renovierung der meisten unserer Wohnungen geplant und betreut hat, kennt und schätzt sie ebenfalls. Die Leserin teilte uns mit, dass sie uns unterstützen wolle, indem sie uns eine Wohnung zum Marktpreis verkaufe, wir aber nur 25 Prozent des Preises bezahlen müssten und den Rest mit einer Spendenquittung begleichen könnten (gemäß dem letzten Punkt im Kasten rechts). Mir blieb erst einmal die Sprache weg und es flossen ein paar Freudentränen, denn so etwas war uns bis dato noch nicht passiert, aber dann war der Jubel groß. Das war im Februar 2020, wo alle in Sorge waren, wegen Corona. Aufgrund der Pandemie dauerte es auch einige Monate, bis wir in Intervallen alles erledigt hatten: Besichtigung der Wohnung, Vorstellung beim Mieter, Stellungnahme zur Kaufentscheidung durch den dafür zuständigen Stiftungsrat, Umlaufbeschluss durch den gesamten Stiftungsrat, Auskunftseinholung und Rückversicherung beim Finanzamt und schließlich Vertragsabschluss beim Notar. Mehrmals dachte ich: ob wir das wirklich über die Bühne bringen bis zum 1. Januar 2021? Und: Hoffentlich überlegt es sich unsere Gönnerin nicht doch noch anders. Aber es hat geklappt. Dank einer Frau, die nicht nur ein großes Herz hat, sondern auch alles, was von ihrer Seite aus zu tun war, schnell und umsichtig erledigte und das auch von uns so erledigt haben wollte. Die Zusammenarbeit klappte wie am Schnürchen. Kein Bilanzbuchhalter hätte es besser machen können!
Die Wohnung ist vermietet und in sehr gutem Zustand. Wir haben den Mieter selbstverständlich zu gleichen Bedingungen übernommen und sind glücklich, so eine schöne Wohnung bekommen zu haben. Unserer Gönnerin danken wir von ganzem Herzen für ihre noble Spende, ihre Großzügigkeit und ihre Bereitschaft, von ihrem Besitz etwas abzugeben. Wir werden sie natürlich weiterhin auf dem Laufenden halten und ihr jedes Jahr die Januar-BISS mit dem Stiftungsartikel zukommen lassen. Und wer weiß, vielleicht findet ihr Beispiel ja Nachahmer!
Wie kann man die Stiftung beim Kauf von geeigneten Immobilien zur Versorgung und Betreuung armer, ausgegrenzter Menschen unterstützen?
Mit Spenden, die zum Kauf beitragen
Mit Schenkungen, Vermächtnissen, Erbschaften
Mit einem moderaten Kaufangebot für eine
Wohnung oder ein Appartement
Mit einem Kaufangebot für eine Wohnung oder
ein Appartement zum Marktpreis, das die Stiftung
ganz oder teilweise mit einer Spendenquittung
begleichen kann
Spendenkonto bei der Bank
für Sozialwirtschaft
Stiftung BISS, Konto-Nr. 8872700, BLZ: 700 205 00
IBAN: DE60700205000008872700
BIC: BFSWDE33MUE
www.stiftungbiss.de / info@stiftungbiss.de
Stiftung BISS, Metzstraße 29, 81667 München
Telefon über BISS e. V.: 089 332033 / Frau Denninger
Mobil: 0160 4424367
Zweck der gemeinnützigen und mildtätigen Stiftung
BISS sind die Förderung der Wohlfahrtspflege sowie
der Ausbildung und Qualifizierung von Menschen in
sozialen Schwierigkeiten und die Durchführung und
Unterstützung von Projekten und Maßnahmen, die der
Betreuung sowie der Integration dieser Menschen in die
Gesellschaft dienen . Die Zwecke werden insbesondere
verwirklicht durch Unterstützung der Zielgruppe bei der
Beschaffung von geeignetem Wohnraum und Hilfestellung bei der Lebensgestaltung.
BISHER BESCHAFFTER WOHNRAUM:
Stiftungseigene Wohnungen: 9
BISS-eigenes Haus: 1
Angemietete Wohnungen: 12
= Wohnplätze für insgesamt 44 Personen
Die Stiftung BISS braucht Ihre Unterstützung.
Nur gemeinsam können wir etwas bewegen.
VORSTAND: Hildegard Denninger (Vorsitzende),
Dr. Giovanna Runggaldier
STIF TUNG SRAT: Richard Matzinger (Vorsitzender),
Dipl.-Ing. Bert Kühnöhl, Prof. a.D. Dr. Joachim Braun
Die stiftungseigenen Wohnungen auf einen Blick:
Z U G A N G 2 0 1 5 :
Das Appartement in Obersendling
Unsere erste Wohnung überhaupt haben wir von einer Gönnerin von BISS gekauft und den Mieter zu gleichen Bedingungen übernommen. Er arbeitet schon viele Jahre in einem gastronomischen Betrieb in München und unterstützt mit seinem Lohn seine Frau und seine drei Kinder, die vom Senegal nach Frankreich gezogen sind.
Dort kam er auch unter, als das Appartement Anfang 2021 wegen Renovierung zwei Monate nicht bewohnbar war. Jetzt strahlt die Wohnung mit dem Mieter um die Wette.
Z U G A N G 2 0 1 6 :
Die 3-Zimmer-Wohnung in Solln
Sie konnten wir ebenfalls von einer BISS-Gönnerin erwerben und darin nach einer Sanierung unsere erste BISS-Wohngemeinschaft (wir berichteten) unterbringen. Seitdem wohnen immer drei BISS-Verkäufer dort. Eigentlich sind die Mietverträge befristet, aber nur einer der Herren konnte 2017 ein eigenes Appartement anmieten. Die anderen beiden WG-Bewohner sind noch da und verstehen sich auch gut mit dem neuen, der 2017 dazukam.
Z U G A N G 2 0 1 7 :
Das Appartement in Sendling/ Westpark
Diese Schenkung hat der Verein BISS 2013 von einem Geschwisterpaar erhalten. Der langjährige Mieter wurde zu gleichen Bedingungen übernommen, was ganz im Sinne der Schenkenden war. 2017 wurde die Immobilie mit ihrer Zustimmung auf die Stiftung BISS übertragen.
Z U G A N G 2 0 1 7 :
Das Appartement in Berg am Laim
Wie die Wohnung in Solln wurde dieses Appartement eigentlich befristet vermietet in der Hoffnung, für unsere Verkäuferin dauerhaft außerhalb von BISS eine Wohnung zu finden. Die Hoffnung wurde bislang nicht erfüllt, deshalb wohnt hier seitdem die vormals obdachlose Frau mit kleinem Hund und häufig genutzter Waschmaschine.
Z U G A N G 2 0 1 7 /
U M W I D M U N G 2 0 2 0 :
Das Dachgeschoss in Karlsfeld
Diese Wohnung wurde bis zum Umzug in ihr neues Haus im Sommer 2019 vereinbarungsgemäß von den bisherigen Eigentümern bewohnt. Nach Renovierung der Wohnung zog im Februar 2020 eine vierköpfige syrische Flüchtlingsfamilie ein, die schon vorher jahrelang in Karlsfeld in einer Unterkunft gelebt hatte. Die Kinder konnten so weiterhin in ihre Schule gehen und der Vater zu seiner Arbeitsstelle, beides ist fußläufig gut erreichbar.
ZUGANG 2019:
Die 2-Zimmer-Wohnung in Laim
Hier hat eine BISS-Verkäuferin zusammen mit ihren betagten Eltern ein Zuhause gefunden. Sie sind aus einer 2-Zimmer-Wohnung, die sie sich mit sieben Personen teilten, „ins Paradies umgezogen“.
ZUGANG 2020:
Die 2-Zimmer-Wohnung in Starnberg
Diese Wohnung ist ein Sonderfall. Wir sind die Eigentümer der Wohnung, aber Grund und Boden gehen nach etwa 50 Jahren in den Besitz einer Firma über, an die die Stadt Starnberg das Erbbaugrundstück verkauft hat. Die Wohngemeinschaft besteht aus zwei vormals obdachlosen BISS-Verkäufern, die sich aus dem BISS-Sprachkurs kennen und nun auch nach Dienstschluss Deutsch üben können, denn ihre Muttersprachen sind Slowakisch und Rumänisch.
Z U G A N G 2 0 2 1 :
Die 2,5-Zimmer-Wohnung in Martinsried
Eine langjährige Kundin von BISS hatte in der Januar-Ausgabe 2019 den Artikel „10 Jahre Stiftung BISS – Ein Blick hinter die Kulissen“ gelesen. Dies war der Anfang einer Geschichte, die damit endete, dass wir seit Januar 2021 Eigentümer einer weiteren wunderschönen Wohnung sind.
Z U G A N G 2 0 2 1 :
Das Appartement in Laim
In die zweite Wohnung, die wir in Laim erwerben konnten, ist der BISS-Verkäufer Ferenc Máthé eingezogen.