EIN TEXT AUS DER SCHREIBWERKSTATT
von Wolfgang Räuschl
Am 2. Oktober fand im Werksviertel Mitte, gleich hinter dem Ostbahnhof, eine großartige Veranstaltung statt, und BISS wurde vom Paritätischen Wohlfahrtsverband eingeladen, daran teilzunehmen. Frau Lohr als Geschäftsführerin und ich als Verkäufer vertraten daraufhin unsere Straßenzeitung an diesem Abend. Bevor es losging, gab es die eine oder andere Besprechung, wurde bei Kaffee und Kuchen der weitere Ablauf erläutert, dabei lernten wir das Team besser kennen. Die Planung für den Abend war folgende: In dem dort stehenden Riesenrad, übrigens dem größten in ganz Deutschland, erhielten wir eine eigene Gondel für uns beide von BISS und für zwei Leute vom Wohlfahrtsverband. Insgesamt durften, wegen der Corona-Vorschriften, nur acht Personen hinein. Also warteten wir auf vier weitere Menschen, die zufällig mit uns fahren wollten und mit denen wir uns über unser Tun und Handeln sowie auch über ihre eigenen Vorstellungen unterhalten konnten. So begann eine lustige, aber auch sehr interessante Nacht in der Gondel. Bei der ersten Fahrt hatten wir leider kein Glück, es gesellte sich niemand zu uns. Also noch einmal im Kreis fahren, und siehe da, jetzt ging die Tür auf und eine chinesische Familie mit drei kleinen Kindern stieg ein. Wir stellten uns vor und befragten sie anschließend über den heutigen Abend, mussten aber die Fragen gleich wieder einstellen, denn die Kinder waren so laut, dass wir das eigene Wort nicht verstehen konnten. Endlich wieder am Boden angelangt, beschlossen wir, noch eine Runde zu machen, denn schlimmer konnte es ja nicht mehr kommen. Dann kam es aber anders als gedacht: Es stiegen vier Leute von einer Behindertenwerkstatt ein, die erst einmal keinerlei Ahnung zu haben schienen, was in der Gondel vor sich gehen sollte. Abermals stellten wir uns vor, und siehe da: Gleich kamen die ersten Fragen. Wir erhielten die Gelegenheit, uns kennenzulernen, und es wurde eine sehr lustige Runde mit dem Riesenrad. Nach erneut einer halben Stunde – so lange dauerte in etwa eine Fahrt – stiegen wir mit dem guten Gefühl aus, unsere Pflicht getan zu haben. Wir machten noch eine kleine Einkehr und ließen den Abend erfolgreich ausklingen. Diese Veranstaltung war für mich sehr lehrreich, aber ich habe auch etwas an der Organisation zu kritisieren: Im Laufe des Abends stellte sich heraus, dass zwar sehr viele Menschen dem Ganzen beiwohnten, sogar einige Prominente waren darunter, aber die Mehrheit der Leute wusste gar nicht, dass in jeder Gondel ein Demokratie-Workshop stattfindet. Die meisten waren nur wegen der Freifahrt mit dem Riesenrad gekommen und wollten bei schönem Wetter den Ausblick über die Dächer von München genießen. Trotzdem war es eine gelungene Veranstaltung mit lediglich ein paar kleinen Fehlern. Sollte es erneut eine Lange Nacht der Demokratie geben, kann man sich darauf freuen. Ich werde auf alle Fälle wieder gerne dabei sein.