Die Anfänge der Münchner Straßenzeitung „BISS-Bürger in sozialen Schwierigkeiten” gehen weit zurück bis ins Jahr 1991. Damals fand in der Evangelischen Akademie Tutzing eine Tagung zum Thema Obdachlosigkeit statt, bei der eine vergleichsweise kleine Gruppe engagierter Leute - Journalisten, Sozialarbeiterinnen und Kirchenleute - mit obdachlosen Menschen ins Gespräch kam. Es entstand die Idee, nach englischem Vorbild eine Straßenzeitung zu gründen, die armen und obdachlosen Menschen eine Aufgabe und ein Einkommen bietet. Es dauerte noch zwei Jahre, bis am 17. Oktober 1993, dem UNO-Welttag zur Überwindung der Armut, in München BISS als erste deutsche Straßenzeitung mit einer Auflage von 10.000 Exemplaren auf den Markt kam.
Im Jahr 2023 wird die Zeitschrift von rund 100 Verkäuferinnen und Verkäufern im Stadtgebiet Münchens und im Umland verkauft. Die verkaufte Auflage liegt aktuell bei durchschnittlich 38.000 Exemplaren im Monat und hat eine treue Leserschaft. Weltweit einmalig ist, dass die Zeitschrift armen und obdachlosen Menschen sowohl ein niedrigschwelliges Hilfeangebot als auch unbefristete und versicherungspflichtige Arbeitsplätze bietet. Diese Festanstellungen haben zahlreichen (ehemals) obdachlosen Menschen wieder zur dauerhaften Rückkehr in die Gesellschaft und einem guten Leben verholfen.
Seit dem ersten Tag tritt BISS dafür ein, auf die Situation von armen und obdachlosen Menschen aufmerksam zu machen und die Öffentlichkeit für deren Lebensumstände zu sensibilisieren. Mit dem Verkauf der Straßenzeitung bleibt der Einzelne nicht mehr anonym, sondern er macht öffentlich auf seine Not aufmerksam. BISS will über die gesellschaftlichen Ursachen von Armut und Obdachlosigkeit aufklären und Wege zu deren Überwindung aufzeigen. Die BISS-Jubiläen bieten dafür einen willkommenen Anlass.
So realisierte BISS bereits im Jahr 2003 zum 10-jährigen Jubiläum die bildgewaltige Ausstellung „Architektur der Obdachlosigkeit” in der kurz zuvor eröffneten Münchner Pinakothek der Moderne, in der Fotografien von Wolfgang Tillmans, Boris Mikhailov, Dayanita Singh, John Vink, Ulrike Myrzig/ Manfred Jarisch und Wolfgang Bellwinkel zu sehen waren. Im Jahr 2018 folgte zum 25-jährigen Bestehen eine spektakuläre Kunstaktion im öffentlichen Raum, für die auf dem Wittelsbacherplatz im Herzen der Stadt die Skulptur „I will be with you, whatever” des britischen Künstlerkollektivs Studio Morison errichtet wurde. Der BISS-Foto-Award zum 30-jährigen Jubiläum im Jahr 2023 setzt diesen Weg fort.
Wir BISSler freuen uns auf die kommenden Monate voller erstklassiger Wettbewerbsbeiträge, spannender Begegnungen, anregender Gespräche und starker Impulse für unser gemeinsames Anliegen, zu einer gerechteren Welt beizutragen.