Alte Menschen mit Migrationsgeschichte: Einwanderer, Geflüchtete oder die früheren „Gastarbeiter“ – Wie geht es ihnen, wenn sie alt werden und nicht mehr arbeiten können?

Die Gesellschaft wird immer älter. Alte Menschen brauchen besondere Pflege. Aber die vielen alten Menschen mit Migrationsgeschichte werden dabei oft vergessen. Dabei sind es in den letzten Jahrzehnten immer mehr geworden. Viele frühere „Gastarbeiter“ sind in Rente gegangen, viele auch vorzeitig, weil sie häufig eine körperlich harte Arbeit hatten. Die Freien Wohlfahrtsverbände hatten das schon vor 20 Jahren bemerkt und im Jahr 2002 einen Text veröffentlicht: „Memorandum für eine kultursensible Altenhilfe“. Darin steht: Alte Menschen mit Migrationsgeschichte sollen genauso gut versorgt werden wie alle anderen. Denn in einer Gesellschaft mit vielen Kulturen soll die Hilfe im Alter für alle da sein. Dazu braucht man aber auch Pflegekräfte und andere Mitarbeitende, die die verschiedenen Sprachen und Kulturen kennen. Das war damals aber schwer umzusetzen, da es fast keine Altenpfleger und Pflegerinnen mit Migrationsgeschichte aus Ländern wie Italien, Griechenland oder der Türkei gab.
Auch die Stadt München hat eine Studie in Auftrag gegeben, die im Jahr 2008 veröffentlicht wurde. Die Studie heißt: „Ein bisschen dort, ein bisschen hier“, denn Menschen mit Migrationsgeschichte fühlen sich oft ein bisschen hier in Deutschland zuhause und ein bisschen dort in ihrer alten Heimat zuhause. Viele sagen: „Ich bin zu deutsch geworden.“ Man hat sich ein Leben in Deutschland aufgebaut – und fühlt sich trotzdem nirgendwo richtig zugehörig. Auch nicht mehr in der alten Heimat.
Die Studie ist auch heute noch aktuell und gibt Empfehlungen für die interkulturelle Öffnung in der Altenhilfe.
Das heißt, dass die Angebote besser zu Menschen mit anderen Sprachen, Religionen und Lebensweisen passen müssen. Zum Beispiel braucht es bessere Informationen in verschiedenen Sprachen und eine Zusammenarbeit mit migrantischen Gemeinden wie Kulturvereinen oder Religionsgemeinden. Und es muss mehr Mitarbeitende mit Migrationsgeschichte geben.
Denn viele Menschen erreicht man nicht, weil sie die deutsche Sprache nicht gut verstehen, weil sie sich mit Ämtern und Behörden nicht auskennen oder weil sie arm oder krank sind. Viele haben auch Angst vor dem Altersheim, dorthin „abgeschoben“ zu werden. Oder sie schämen sich, weil sie denken, sie sind gescheitert. Weil ihnen die geplante Rückkehr in ihr Heimatland nicht gelungen ist.
Aber Menschen mit Migrationsgeschichte haben mit ihrer Arbeit genauso zum gesellschaftlichen Reichtum in Deutschland beigetragen. Deshalb haben sie auch genauso Anspruch auf Altenhilfe.
Im Jahr 2022 haben Vertreter der Freien Wohlfahrtspflege gemeinsam mit dem Münchner Migrationsbeirat Empfehlungen für eine gute Altenhilfe noch einmal aufgeschrieben. Dabei zeigte sich: Die meisten Empfehlungen von vor 20 Jahren sind noch immer aktuell.
Aber es wurde auch aufgeschrieben, was sich schon verbessert hat: Zum Beispiel gibt es die Fachstelle Interkulturelle Altenhilfe im Sozialreferat.
Es gibt interkulturelle Altenarbeit auch bei Münchenstift, bei der Diakonie und bei anderen Einrichtungen. In den letzten 10 Jahren sind es mehr Angebote für alte Menschen mit Migrationsgeschichte geworden. Es gibt ein vielfältigeres Speisen-Angebot und Angebote für die vielen verschiedenen Religionen. Und inzwischen bekommen auch mehr als doppelt so viele Migranten und Migrantinnen eine vollstationäre Pflege.
Es geht ja nicht nur um Unterstützung und Pflege, sondern auch um Teilhabe, Bildung, Kultur und Geselligkeit. Das heißt, es geht auch darum, dass man dazugehört und mit dabei ist.
Das Sozialreferat schult die Mitarbeitenden und unterstützt Projekte wie „Brücken bauen“ von der Diakonie oder „SAVE“, wo alte Menschen regelmäßig besucht werden.
Seit 2018 gibt es auch Dolmetscher-Dienste für bestimmte Beratungen. Das ist noch nicht so bekannt (mehr Informationen am Ende vom Text). Anke Kayser vom Sozialreferat sagt: „Ich wünsche mir, dass die Menschen das Angebot noch viel stärker nutzen!“
Bei der Arbeiterwohlfahrt gibt es den psychologischen Dienst für Menschen mit Migrationsgeschichte. Die Beratungen dort sind in der jeweiligen Muttersprache. Anica Novakovic ist dort die Leiterin. Sie sagt:
„Viele alte Migranten und Migrantinnen sind einsam. Sie haben nicht so viele Kontakte wie früher in der Heimat.“
Und viele möchten ihren Kindern und Verwandten hier in Deutschland nicht zur Last fallen. Anfang der 2000er Jahre waren die früheren „Gastarbeiter“ noch die größte Gruppe unter den Migrant*innen, bald werden es die Geflüchteten sein. Sie sind teilweise jünger, aber viele sind krank und brauchen therapeutische Hilfe, weil sie die Kriege in ihren Heimatländern und schlimme Fluchterfahrungen erlebt haben.
Hier gibt es kostenlose Hilfe für ältere Menschen mit Migrationsgeschichte:
► Diakonie (Kontakt: bitte hier anklicken)
„Brücken bauen“: Informationen über Pflege und das Leben im Alter
Fachdienst für ältere Migrant*innen: Beratung und Unterstützung
„Seminar für mehrsprachige Helferinnen und Helfer“: Schulung und Vermittlung von
Ehrenamtlichen an ältere Menschen mit Migrationsgeschichte► Beratungsstelle der Israelitischen Kultusgemeinde (Kontakt und Infos: bitte hier anklicken)
Beratung für ältere Gemeindemitglieder und Angehörige
► Arbeiterwohlfahrt (AWO) (Kontakt und Infos: bitte hier anklicken)
Psychologischer Dienst für ältere Migrant*innen: Beratung und Unterstützung
► Donna Mobile AKA e.V. (Kontakt und Infos: bitte hier anklicken)
Angebote für ältere Menschen mit Migrationsgeschichte
Schulungen für ehrenamtliche Helfer*innen
► Morgen e.V. (Kontakt und Infos: bitte hier anklicken)
Angebote für ältere Menschen mit Migrationsgeschichte
Schulungen für ehrenamtliche Helferinnen
► „SAVE“: Seniorinnen Aufsuchen im Viertel durch Expert*innen
(Kontakt und Infos: bitte hier anklicken)
Ein Besuchsdienst besucht regelmäßig ältere Menschen
► Dolmetscher-Dienste (Übersetzungen in viele Sprachen)
(Kontakt und Infos: bitte hier anklicken)
zum Beispiel für Behördengänge, Begutachtungen und vieles mehr.
Diese werden vom Sozialreferat mit Geld unterstützt.
Original-Text von Bernhard Hiergeist
Zusammenfassung der wichtigsten Infos in Einfacher Sprache von Verena Reinhard,
www.einfachverstehen.de