EIN TEXT AUS DER SCHREIBWERKSTATT
von Wolfgang Räuschl
Normalerweise würde ich jetzt sehr gerne von meiner alljährlichen Reise nach Verona berichten, aber wie so vieles ist auch sie wegen Corona abgesagt worden. Keine Kulturveranstaltungen von März an, ob Gasteig oder anderswo. Natürlich bin ich sehr traurig, aber man muss der Gesundheit und der Vernunft nun mal den Vortritt lassen. Hoffentlich beginnt mit der neuen Saison ab Herbst in München wieder das kulturelle Leben: Denn es wird für mehrere Jahre die letzte Spielzeit am Gasteig sein, danach geht es nach Sendling ins Ausweichquartier. Viele meiner Stammkunden haben mir erzählt, dass sie vielleicht in den Ersatzsaal gehen werden und sich freuen würden, wenn wir uns dort treffen. Andere wiederum wollen aussetzen und warten auf das neue Konzerthaus am Ostbahnhof. Ich möchte all die Jahre, in denen ich am Gasteig meine Zeitung verkauft habe, egal bei welchem Wetter, nicht vergessen. Es waren immer schöne Tage und Nächte, und so mancher Stammkunde kam mit mir ins Gespräch, erzählte mir vom Konzert, dem Orchester, das spielte, und ob der Dirigent gut oder schlecht war. In dieser Zeit lernte ich auch sehr viele Menschen kennen, die am Gasteig arbeiten: von Herrn Wagner, dem Chef des Hauses, bis zur Garderobenfrau. Manchmal kam es mir wie eine kleine Familie vor, die alles für ihre Gäste tut. Nun ist das Haus seit März geschlossen, nur die Stadtbücherei ist geöffnet. In den vergangenen Monaten ging ich öfter dran vorbei, um mich zu erkundigen, ob vielleicht doch die ein oder andere Veranstaltung stattfindet. Aber ich kam mir vor wie in einer Geisterstadt, in der alles verschlossen ist. Ich blicke nach vorn und stehe bereits in den Startlöchern, die Gäste und meine Stammkunden wiederzusehen und die BISS wieder vor dem Gasteig zu verkaufen. Mit Mundschutz natürlich. Und ich träume vom nächsten Jahr, wenn ich dann hoffentlich wieder ein paar Tage in meiner Lieblingsstadt Verona sein und einen schönen Opernabend erleben kann. Auf eine tolle Spielzeit! Bleiben Sie gesund und möge Corona verschwinden.